Der Gipfel ist gescheitert, die Proteste waren erfolgreich

Klimaschutz ist Handarbeit

Der Klimagipfel von Kopenhagen hat diejenigen, die für Klimagerechtigkeit kämpfen, enger zusammengebracht. Die neuen Bündnisse müssen für lokale Kämpfe genutzt werden. Effektiver Klimaschutz kommt ohne die Systemfrage nicht aus.

Auch wenn die internationale Mobilisierung zum Klimagipfel in Kopenhagen hinter der hochgesteckten Erwartung zurückgeblieben ist, gab es doch Momente, die die Klimabewegung voran gebracht haben. Dazu zählen die vielfältigen Debatten im Vorfeld und das Zusammentreffen von Gruppen und Einzelpersonen aus den unterschiedlichsten politischen Traditionen und Kämpfen. Da sind die Kleinbäuerinnen aus Brasilien, die von ihrem Land vertrieben werden, damit dort vermeintlich grüner Agrosprit angebaut werden kann. Da sind linke Freirauminitiativen aus Hamburg, deren Kampf gegen Gentrifizierung sich durch städtische Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel verändert. Und da sind indigene Aktivistinnen und Aktivisten aus Thailand, die sich im Fall einer Anwendung des »REDD-Modells« (Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern) in der Nutzung ihre Umwelt bedroht sehen. Darüber hin­aus gab es eine teilweise gute Zusammenarbeit zwischen NGO und Bewegungslinken.

Ohne den Gipfel in Kopenhagen hätte es diese Momente und diese Bündnisse nicht gegeben. So wurde in den Monaten vor Dezember klar, dass der Klimawandel und der Umgang der Herrschenden damit diese vielfältigen Kämpfe betrifft und verändert. Hinter der Forderung nach Klima-gerechtigkeit fanden diese vielfältigen Kämpfe zusammen.
Wichtige Voraussetzung für die Bündnisse und gemeinsamen Aktionen war die Erkenntnis, dass das Kyoto-Protokoll Teil und zugleich Ausdruck des Problems ist. Klar ist, dass der Klimawandel durch den Ausstoß von CO2 verursacht wird. Wie wir inzwischen alle wissen, wird dieses vor allem bei der Verbrennung fossiler Energieträger freigesetzt. Diese hat in den vergangenen 150 Jahren die Grundlage des wirtschaftlichen Wachstums unter kapitalistischen Bedingungen geliefert. Wie offensichtlich dieser Zusammenhang zwischen Wachstum, Kapitalismus und Klimawandel ist, zeigt die gegenwärtige Wirtschaftskrise. In den Ländern, in denen die Wirtschaftsleistung am stärksten eingebrochen ist, verringerte sich auch der CO2-Ausstoß am meisten. Während die bisherigen Maßnahmen nach dem Kyoto-Protokoll nicht dazu geführt haben, dass eine reale Reduktion von CO2 stattgefunden hat, führte ein Einbruch des Wachstums auch zur Verringerung der Emissionen. Statt jedoch zur Rettung des Klimas die Abschaffung des Kapitalismus zu beschließen, geht es um die Rettung des Kapitalismus. Nach dem Prinzip »Das Gleiche bitte nochmal in grün« wird uns versprochen, dass wir Wachstum haben können, aber mit weniger bis gar keinem Ausstoß von CO2. Da träumen deutsche Wirtschaftsvertreter vom »grünen Wachstum« und die gleichnamige Partei verspricht tolle »grüne Jobs«. Aber in einem System, das nur auf Profite abzielt, kann das einzelne Elektroauto noch so wenig verbrauchen. Wenn es nur um Profite geht, müssen immer mehr von diesen Elektroautos verkauft werden. Das Klima rettet man so nicht.
An diesem Punkt wird klar: Effektiver Klimaschutz kommt ohne die Systemfrage nicht aus. Während das für die radikale Linke schon immer klar war, hat sich durch die Debatten in und um Kopenhagen hoffentlich gezeigt, dass sich dies mit Blick auf die Klimagerechtigkeit nicht auf die Formel »Alles für alle« herunterbrechen lässt.

Selbstkritisch muss angemerkt werden, dass es uns nicht im erhofften Maße gelungen ist, die Systemkritik einzubringen und damit einhergehend den Kyoto-Prozess zu delegitimieren. Bedeutsam hierfür waren der Unwillen der Regierungsvertreter, verbindliche bzw. signifikante
Zusagen zu Reduktionsverpflichtungen und zur Finanzierung der entsprechenden Maßnahmen zu machen, dazu ein Abkommen der dänischen Verhandlungsführer, das bereits in der Schublade bereit lag, sowie der Ausschluss von akkreditierten NGO an den letzten Verhandlungstagen. Damit hat sich das System zumindest selbst delegitimiert. Zu hoffen ist, dass die NGO ihre Lektion nun endgültig gelernt haben und die Verbindungen, die vor und in Kopenhagen zwischen radikalen Linken und NGO geknüpft wurden, Bestand haben.
Abschließend bleibt zu sagen, dass die Proteste in Kopenhagen eine wesentliche Funktion, die ein solches Ereignis haben kann, zum Teil erfüllt haben – nämlich sich der gemeinsamen Kämpfe gewahr zu werden. Das muss jetzt genutzt werden, um an Ort und Stelle gemeinsame Praxen und Perspektiven zu entwickeln, um Klimagerechtigkeit zu erkämpfen. Sei es mit der Verhinderung neuer Kohlekraftwerke, ÖPNV umsonst oder der Stilllegung aller Atomanlagen. Klimaschutz ist Handarbeit! Klimagerechtigkeit jetzt!