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Nur einen Steinwurf entfernt von dieser Zeitung befinden sich die Redaktionsräume von Musikexpress, Rolling Stone und Metal Hammer. Weil sicherlich vielen diese Titel nicht vertraut sind, hier zur Erläuterung: Das sind drei relativ aufstrebende Fanzines – mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen. Wäre da nicht diese Transparenz! Glaswände trennen die Büros, alle Schreibtische sind fabelhaft einsehbar. Wie konzen­triert und gewissenhaft hier alle arbeiten! Alles ist lichtdurchflutet, niemand sagt ein Wort! »Bei euch ist es ähnlich, oder?« fragt ein frisch kooptiertes Musik­express-Mitglied. »Naja, geeeht so!« sage ich und flüchte so schnell wie möglich in die herrlich verwinkelte Etage unseres Büros.
Seit zwei Wochen sind wir, das OPAK-Magazin, Mitbewohner der Jungle World. Verrückt. Als »die Neuen« sind wir natürlich bemüht, die Gepflogenheiten der Alteingesessenen kennenzulernen. Um in den Kreis der Eingeweihten vorzudringen, scheint es beispielsweise von immenser Bedeutung zu sein, die Jungle World nicht Jungle World zu nennen. Merke: Wer näher dran ist, nennt diese Zeitung »Jungle«. Knackig kurz und ganz einfach, eigentlich! Schwieriger ist schon die Etiquette in den gemeinsam genutzten Räumlichkeiten: Im Halbdunkel der Flure stolpert man nicht selten über faul herumliegende Redakteure, in der Küche tauscht man sich stundenlang über Banalitäten aus, am Konferenztisch sitzt jemand und spielt Online-­Poker im Profi-Modus. Wie sollen wir da nur mitziehen? Die Antwort: Gar nicht! Denn in Wirklichkeit gilt in den Jungle-Räumlichkeiten ein strenges Gebot der Unsichtbarkeit. Man trifft eigentlich nie jemanden. Weder im Flur, noch in der Küche. Nur einmal wurde eine Redakteurin gesehen: Nachdenklich, im Stress, dennoch total cool huschte sie an Kartonburgen und Klimbim vorbei, als wäre das alles überhaupt nicht da! Daraus folgen zwei Lektionen: 1. Umherliegendes Gerümpel muss immer bleiben, wo es ist. 2. Man sollte sich möglichst selten auf den Fluren blicken lassen und stets rasch die Tür hinter sich schließen. Ist das eigentlich noch links? Na logo, hier hängen Plakate, auf denen was mit Adorno draufsteht. Und der war ja auch links!
Apropos links: ganz hinten links ist unser kleines Büro zu finden. Ein Freund nannte es neulich »OPAK-Headquarter« – klares Zeichen dafür, dass er noch nie hier gewesen ist. Ein »Headquarter« haben die vom Musikexpress vielleicht, oder Medien, die mehr als zehn Angestellte beschäftigen. Ob die Jungle deshalb ein Headquarter hat? Keine Ahnung. Aufschluss ­darüber, wie viele Menschen in dieser Etage arbeiten, könnte zwar das Impressum geben. Aber wen interessiert das schon? Liebe Jungle, danke, dass wir hier einziehen durften. Und danke für den Kaffee, den du uns ausgibst – wer auch immer das entschieden hat.