editorial

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Das Wasser des Pools schimmert. Schwimmreifen und eine Luftmatratze liegen herum, Vöglein zwitschern, und in der Ferne jault ein Rudel Köter. Zeitungsfahnen werden von einer Etage des Hauses in die andere getragen. Der Lektor sitzt an einem Holztischchen auf der Terrasse in der Sonne, mit einem eisgekühlten Getränk und Papierstapeln neben sich, als wäre er einem Gemälde David Hockneys entsprungen. Kollegen tippen im Schatten auf ihren Rechnern herum. Der Bacalhau schwimmt in einer Schüssel Wasser im Kühlschrank und wartet auf seine Zubereitung. Fotos werden von A nach B geschoben und vorsortiert. Ein Weinkorken macht »Plöpp«. Ist die Reportage fertig?
Die einen nennen es Urlaub und liegen damit nicht ganz falsch. Die anderen nennen es Arbeit – und das trifft die Sache ebenfalls. Denn die Ausgabe der Jungle World, die Sie in den Händen halten, entsteht an einem idyllischen Ort in Zentralportugal, rund 60 Kilometer von Lissabon entfernt.
Unseren neuen Leserinnen und Lesern sei dieser Umstand kurz erklärt. Die Jungle World ist die einzige Wochenzeitung, die einmal im Jahr im Ausland produziert wird. Mit Rechner und Router zieht die Redaktion in die Ferne, um andere Länder, Sitten und Gebräuche kennen zu lernen, possierliche Geschichten für Sie aufzuschreiben – und Deutschland vorübergehend zum Ausland zu machen. Jene Leserinnen und Leser, die in den vergangenen Jahren von unseren Storys von Strand und Pool genervt gewesen sein mögen, seien daran erinnert, dass die Idee der Redaktionsreisen aus der Not geboren wurde. In der Anfangszeit der Jungle World fehlten den Redakteurinnen und Redakteuren Zeit wie Geld, um Urlaub zu machen. Das Ergebnis waren eine Reise nach Dänemark und eine Dänemark-Sonderausgabe. Es folgten Polen, Italien, Kroatien, Frankreich, Tschechien, Israel, die Türkei, die Niederlande, Mallorca und Zypern.
Diesmal sind wir in Portugal für Sie zur Heiligen Jungfrau Maria gepilgert, haben dazu beigetragen, ein besetztes Haus zum temporären Kunstobjekt zu machen, haben das Nachtleben von Porto gesucht und die Comic-Szene des Landes gefunden. Wir haben recherchiert, wie man hierzulande den europäischen Gewerkschaftstag begeht, uns von dem Rapper »Hizbollah« die tristeste Gegend von Lissabon zeigen lassen und den Monsterwellen des Atlantiks getrotzt. Wir danken Marcos Farrajota, dem Künstlerkollektiv Chili Com Carne und Ricardo Vicente von der Initiative Precariós Inflexiveis für ihre Unterstützung.
Viel Vergnügen bei der Lektüre der Jungle World-Sonderausgabe mit Dschungelbuch, der Beilage zur Frankfurter Buchmesse! Besuchen Sie uns dort in Halle 4.1 an Stand D 129!