Boykottaktion gegen Israel in Bremen

Friedenstauben essen keine Blutorangen

Ein Aufruf zum Boykott israelischer Waren sorgte in Bremen für Diskussionen. Die Verfasser sind weiterhin von ihrer Sache überzeugt.

Worüber sich politische Kreise in Bremen streiten, ist für den Rest der Welt meist nur von sehr begrenztem Interesse. Doch in diesen Wochen ist das anders: Selbst in Israel wurde die Debatte um eine Kundgebung des Bremer Friedensforums und des antiimperialistischen »Arbeitskreises Süd-Nord« wahrgenommen.
Um die Bremer Bürger über den »schleichenden Genozid an den Palästinensern durch die ­israelische Armee zu informieren«, hatten die beiden Gruppen kürzlich zum Boykott israelischer Waren aufgerufen. Vor zwei Wochen stellten sich Mitglieder der Organisationen mit großen Pappschildern vor einen örtlichen Supermarkt. »Boykottiert israelische Früchte, rettet das palästinensische Volk«, stand auf ihren Schildern. Darüber war eine durchgeschnittene Orange abgebildet, aus der Blut tropft.
Auf Flugblättern war zu lesen, dass man nur mit einem Boykott israelischer Waren wie »Soda-Club«-Wassersprudlern, Avocados oder Kosmetika mit Salzen aus dem Toten Meer ausreichend Druck auf Israel ausüben könne, damit dessen Regierung die »schweren Verletzungen der Menschenrechte« im Westjordanland beende und den Palästinensern Selbstbestimmungsrecht gewähre. Dass ihre Kundgebung »in den Ruch der verhängnisvollen Aufforderung der Nazis ›Kauft nicht bei Juden!‹« kommen könnte, sei ihnen zwar bewusst, der Vorwurf sei jedoch »völlig abwegig«. Denn schließlich werde ihr Boykott auch »von vielen Juden und Israelis unterstützt«.
Dieter Graumann, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, beurteilte das anders. »Diesmal denken die Initiatoren, sie sind besonders clever, weil sie sagen, dass ihr Aufruf nichts mit den Nazis zu tun hat. Aber das macht keinen Unterschied. Es ist, was es ist«, sagte Graumann in der Jerusalem Post. Der Aufruf habe »antisemitischen Charakter«. Dies belege schon der Umstand, dass das Friedensforum nicht zum Boykott von Waren aus anderen Ländern wie beispielsweise dem Iran aufgerufen habe.
Auch in Bremen sorgte die Kundgebung für Widerspruch. Die jüdische Gemeinde war entsetzt, die örtliche Bild-Zeitung empörte sich über die »irre Hetze gegen Israel«. Die »Basisgruppe Antifaschismus« urteilte, der Boykottaufruf sei »durchzogen von antisemitischen Ressentiments«. Wenn die Aktion aus der Sorge um das Wohlergehen der Menschen im Nahen Osten stattgefunden hätte, hätten sich, so hieß es dort, die Veranstalter »vor allem kritisch mit der islamistischen Hamas auseinandersetzen« müssen. Auch der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Herrmann Kuhn, verurteilte die Kundgebung. Das Friedensforum wolle »austesten, wie weit man in Deutschland gehen kann. Das sollte nicht unwidersprochen bleiben«, sagte er der Taz.

Die Gegenseite ließ dies nicht auf sich sitzen. Auf der Homepage der Bremer Linkspartei erregte sich der ehemalige Leiter des Politikressorts der Lokalzeitung Bremer Nachrichten, Arn Stroh­meyer, über das Interview mit Kuhn. In einem Kommentar mit der Überschrift »Taz embedded« beschwerte er sich über die »Antisemitismus-Keule«. Rudolph Bauer, ehemaliger Bremer Professor für Sozialpädagogik, beschuldigte die Taz einer »undifferenziert-groben Freund-Feind-Haltung, wie sie gerade für den Nazi-Antisemitismus kennzeichnend war«.
Auch das Bremer Friedensforum meldete sich noch einmal zu Wort. Die Antisemitismusvorwürfe gehörten zu den »spalterischen Reaktionen in manchen linken Kreisen«. Schon ihr Alter, so glaubten die Mitglieder des Forums offenbar, immunisiere sie gegen Kritik: »Im Gegensatz zu den meisten unserer Kritiker haben wir aufgrund unseres Lebensalters und unserer ­Lebenserfahrung die Nachkriegsentwicklungen in Deutschland wie auch in Israel ›live‹ miterlebt.« Ein klein wenig selbstkritisch gab man sich auch: Der Boykottaufruf sei intern »nicht unumstritten« gewesen, die »Plakatgestaltung hätte besser durchdacht werden müssen«. Doch bis auf diesen Punkt sei der Boykottaufruf »dennoch richtig und notwendig« gewesen.