Über das Scheitern der EU im Kampf gegen die Schuldenkrise

Rettung ohne Sinn

Die EU-Maßnahmen gegen die Schuldenkrise sind gescheitert, doch die Regierungen wollen das nicht zugeben.

Nachdem Griechenland im vergangenen Jahr 110 Milliarden Euro vom »Rettungsfonds« der EU bekommen hat, soll nun Portugal 78 Milliarden Euro erhalten, verbunden mit den obligatorischen Auflagen. Dabei zeigt die Entwicklung in Griechenland, dass die vermeintliche Rettung die Krise nur eskalieren lässt.
Die radikalen Sparmaßnahmen der griechischen Regierung provozieren bislang vor allem heftige soziale Konflikte. Sparen und gleichzeitig Schulden abbauen – beides zugleich kann nicht funktionieren. Ursprünglich sollten die Finanzen bis 2012 wieder saniert sein, doch Griechenland steht schlechter da als vor einem Jahr. Der harte Kurs führte zu einem heftigen Konjunktureinbruch, der vermutlich noch lange anhalten wird.
Nun soll mit den gleichen Methoden Portugal »gerettet« werden. Die portugiesische Regierung rechnete vergangene Woche vor, dass wegen der Auflagen des Euro-Rettungsfonds in den nächsten beiden Jahren mehr als 125 000 Jobs verloren gehen. Sie schätzt, dass die Arbeitslosenrate dann auf 13 Prozent steigen wird – die tatsächliche Rate dürfte deutlich höher liegen. Zugleich wird das Arbeitslosengeld gekürzt und die Bezugsdauer verringert. Ein Ende der Wirtschaftskrise ist da kaum vorstellbar. Anstatt einzugestehen, dass der »Rettungsplan« gescheitert ist, geht er in Portugal in die nächste Runde.
Aus eigener Kraft können die beiden Länder ihre Schulden nicht mehr abbauen, egal was die jeweiligen Regierungen beschließen mögen. Eine Umschuldung ist daher unvermeidlich, auch wenn die Europäische Zentralbank (EZB) sich vehement dagegen wehrt. Das ist wenig erstaunlich, denn schließlich trägt sie einen immer größeren Teil der Verluste. Vor der Krise waren die griechischen Schuldentitel vor allem im Besitz von deutschen und französischen Privatbanken. Mittlerweile hat die EZB rund 35 Prozent davon übernommen, bis zum kommenden Jahr sollte der Anteil auf rund die Hälfte steigen. Der »Rettungsfonds« nützt so vor allem den privaten Gläubigern in Deutschland und in Frankreich.
Es gibt noch einen weiteren Grund, warum insbesondere die Bundesregierung so strikt an dem fatalen »Rettungsplan« festhält. Die katastrophale Lage wurde wesentlich durch die unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Staaten verursacht. Während Portugal und Griechenland kurz vor der Pleite stehen, boomt die deutsche Wirtschaft wie seit langem nicht mehr. So rechnet das deutsche Finanzministerium mit 135 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen in den nächsten zwei Jahren.
Um wieder mit deutschen Unternehmen konkurrieren zu können, müssten die Löhne in Griechenland oder Portugal um 30 Prozent sinken, sagte kürzlich Hans-Werner Sinn, Ökonom und Deutschlands beliebtester »Euro-Experte«. Nur so würden die Länder auf Dauer wieder in die Lage versetzt, ihre Schulden abzubauen. Sinn empfiehlt deshalb diesen Staaten, am besten gleich aus der Eurozone auszutreten.
Ein anderer Weg ist näher liegend. Um die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen, könnte man die Lohn- und Sozialpolitik innerhalb der Eurozone angleichen. Davon will aber die Bundesregierung nichts wissen, denn damit würde das deutsche »Exportwunder« gefährdet. Die Krise der Eurozone hat daher eine einfache Ursache: Im Zweifelsfall zählt nur der nationale Vorteil.