Kandidatin in Nöten

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Folgt auf einen Skandal bald der nächste? Kaum ist Dominique Strauss-Kahn in ein Strafverfahren verwickelt, ist auch schon seine mögliche Nachfolgerin als Generaldirektorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) ins Gerede gekommen. Christine Lagarde amtiert seit vier Jahren als französische Wirtschafts- und Finanzministerin. Bevor sie 2005 einen ersten Regierungsposten in Paris übernahm, hatte sie dem Vorstand der Wirtschaftsanwaltskanzlei Baker & McKenzie angehört. Nun ist sie als Direktorin des IWF im Gespräch. Ihr Präsident Nicolas Sarkozy favorisiert die Kandidatur seiner Ministerin, auch wenn diese sich zunächst vordrängte und das Staatsoberhaupt sich ein paar Tage lang bitten ließ.
Doch Lagarde hat ein Problem. In den vergangenen Jahren hatte sie die Geschäfte des umstrittenen Unternehmers und früheren Fußballmanagers Bernard Tapie mit dem Staat allzu großzügig geregelt. Tapies Spezialität war es vor einigen Jahren, marode Unternehmen aufzukaufen, zu zerlegen und die besten Teile zu verscherbeln. 1993 hatte er den von ihm erworbenen Sportartikelhersteller Adidas über die damalige Staatsbank Crédit Lyonnais weiterverkauft. Doch er erhob den Vorwurf, dabei keinen ausreichenden Gewinn erzielt zu haben. Deswegen prozessierte er gegen den Staat. Alles sah danach aus, dass er seinen Prozess verlieren würde. Doch Lagarde willigte als Ministerin ein, die Angelegenheit vor einem privaten Schiedsgericht zu verhandeln. Tapie wurde 2008 strahlender Sieger in der Sache und erhielt einen Scheck über 395 Millionen Euro als Entschädigung. Gegen Lagarde läuft nun ein Untersuchungsverfahren. Dessen vorläufiges Ergebnis wird in der nächsten Woche bekanntgegeben, es könnten umfangreiche Ermittlungen eingeleitet werden. Am selben Tag ist der Anmeldeschluss für die Kandidatur zum IWF-Vorsitz. Lagarde könnte also möglicherweise ein großes Problem bekommen, auch wenn neben der Mehrzahl der EU-Länder inzwischen auch China ihre Bewerbung unterstützt. In Frankreich selbst gibt es große Kritik an ihrer Kandidatur. Die Juristin Lagarde ist eigentlich auf Arbeits- und Sozialrecht spezialisiert. Aber ihre Vorstellung von diesem Rechtszweig, die sie bei ihrem Regierungseintritt 2005 darlegte, lautet: »Oft ist das Arbeitsrecht ein Einstellungshemmnis und ein Hindernis für unternehmerische Entscheidungen.«