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Die Bundesregierung macht Pause, die Universitäten läuten die Semesterferien ein, die Schulen machen zu, und in kleinen Betrieben beginnen die Betriebsferien. »Work hard – die young« steht auf einem Plakat, das die Jungle mal für eine Veranstaltung entworfen hat, mittlerweile ziert es unsere Redaktionsräume. Dass in diesem Ambiente ein Wort wie »Sommerpause« laut ausgesprochen wird, scheint unvorstellbar. Hier reagieren die Kollegen bereits einigermaßen reserviert, wenn in einem Satz beiläufig das Wort »Urlaub« fällt. Man muss schon Beharrlichkeit an den Tag legen, wenn man Genaueres darüber in Erfahrung bringen möchte. Der Kollege, der bald nach Gomera entschwinden wird, bedient sich einer Rechtfertigungsstrategie. Seine Tochter sei noch jung genug, um kostenlos von der Fluggesellschaft mitgenommen zu werden. Diese Gelegenheit dürfe man einfach nicht verstreichen lassen, schließlich werde man sich in den kommenden Jahren nur noch einen Trip in den Bayerischen Wald leisten können, wenn überhaupt. Eine Woche Urlaub in Polen sei schon drin, wenn die Familie zusammenlege, sagt hingegen ein anderer Kollege, und verrät damit, wohin bei ihm die Reise geht. »Italien«, lautet die knappe Antwort einer Kollegin auf die Frage, ob bei ihr irgendwelche Urlaubspläne anstehen. Nach diesem Geständnis verlässt sie überstürzt den Raum. Gesprächsbereiter zeigt sich da schon eine andere Kollegin, vermutlich weil die Freude, einen günstigen Flug nach Kroatien gefunden zu haben, sie unvorsichtig macht. Günstiger Flug scheint das Stichwort zu sein, das zumindest ihre Schreibtischnachbarin in Urlaubslaune versetzt, schließlich gebe es da noch jemanden in Spanien, bei dem man wohnen könnte, oder auch in Indonesien, wobei Spanien wohl realistischer wäre. Die beflügelte Stimmung reicht allerdings nur bis zur Türschwelle, in sämtlichen Räumen der Redaktion stimmen die Befragten wehmütige Klagelieder an. »Teuerungsrate«, »Gesundheitsreform« oder »Mieterhöhung«, da bleibe einem doch nur noch der Balkon, falls man denn einen hat. Nur der Kollege, der sowieso lieber Winterurlaub macht, gibt sich demonstrativ gelassen. Als ihm vorgeschlagen wird, er könne ja mit seinem Snowboard den Sommer in Neuseeland verbringen, ist es allerdings auch um seine Contenance geschehen. Urlaub scheint hier wirklich das falsche Thema zu sein. Vielleicht sollten diejenigen, die bald eine Reise antreten, das Ganze einfach »Recherche« nennen, nur so der Stimmung wegen.