Die ARD hat da noch Fragen

Von Ivo Bozic

Der WDR hatte irgendwann die Faxen dicke und bereitete dem Treiben des Verschwörungstheoretikers Gerhard Wisnewski zumindest in der ARD ein Ende – ihm wurde gekündigt. Allerdings erst, nachdem 2003 sein Beitrag »Aktenzeichen 11. 9. ungelöst« ausgestrahlt und von der Kritik gnadenlos zerpflückt worden war. Doch zehn Jahre nach 9/11 ist das Aktenzeichen für die ARD offenbar immer noch ungelöst. Das Kulturmagazin »Titel, Thesen, Temperamente« (»ttt«) ließ am Sonntag in einer vom Hessischen Rundfunk produzierten Folge einen anderen berüchtigten Verschwörungstheoretiker hochleben: Mathias Bröckers. Der Kifferpapst aus dem Hause Taz hat nämlich passend zum kommenden Jahrestag ein Buch geschrieben, in dem er alle »offenen Fragen« zu dem Terroranschlag auf die USA vor zehn Jahren noch einmal aufgeführt hat.

Der »ttt«-Autor, der Journalist Tilman Jens, lobte und raunte: »Ein streitbarer Publizist aus Deutschland stellt nun unangenehme Fragen.« Es sind allerdings, seinem TV-Beitrag zufolge, offenbar genau dieselben Fragen, wie sie die Verschwörungsirren seit zehn Jahren stellen, und neue Antworten hat Bröckers auch nicht. Das wiederum legt »ttt« zu seinen Gunsten aus: »Der Autor kons­truiert keine Antworten, sondern er besinnt sich einzig auf eine uralte journalistische Tugend: auf das Handwerk des gelegentlich unbotmäßigen Zweifels«. Daher sei sein Buch auch »weder antiamerikanisch noch verschwörungstheoretisch«.

Die Antworten lieferte Bröckers allerdings bereits 2002 in einem Telepolis-Artikel mit dem Titel »Die Kosher Conspiracy«. Zu der Frage »Cui bono?« (»Wem nutzt es?«) schrieb er, es »bleiben nur zwei: USA und George Bush sowie Israel und Ariel Sharon«. Stimmt aber nicht ganz. Noch jemandem nutzt es: Mathias Bröckers selbst. Dies ist bereits sein zweites Buch mit »Fragen« zum Thema 9/11. Das erste verkaufte sich bestens, und das zweite wird es dank öffentlich-rechtlicher Werbung zur Primetime nun wohl auch.