Ein Gesandter der besonderen Art

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Wer eine Regierung geführt hat, findet sich nicht leicht mit dem Ruhestand ab. Zum Glück gibt es für ehemalige Politiker viele Betätigungsfelder, um zu beweisen, dass sie weiterhin bedeutende Männer sind. Man kann als »Berater« eines Unternehmens viel Geld verdienen, man kann der Menschheit moralische Werte predigen, und man kann sich für den Frieden einsetzen. Oder man kann, wie der ehemalige britische Premierminister Tony Blair seit Ende seiner Amtszeit im Jahr 2007, dies alles auf einmal tun. Es kann allerdings Unwillen hervorrufen, wenn man die Aufgaben miteinander vermischt.
Als Sondergesandter des »Nahost-Quartetts« war Blair ebenso wenig erfolgreich wie alle anderen Sondergesandten. Die Vermittlungsgespräche, die vergangene Woche unter seiner Leitung stattfanden, brachten Palästinenser und Israelis nicht wieder an den Verhandlungstisch. Einzig die Zusage beider Parteien, in den nächsten Monaten Vorschläge zum Thema »Territorium und Sicherheit« vorzulegen, konnten gutwillige Beobachter als Fortschritt werten. Doch Blair könnte einen persönlichen Erfolg schon darin sehen, dass sich die Palästinenser noch mit ihm an einen Tisch setzen. Schließlich wurde bereits die Forderung diskutiert, ihn als Sondergesandten abzusetzen. Protestierende Palästinenser bezeichneten ihn als »Söldner«, denn sein persönlicher wirtschaftlicher Nutzen scheint mit seiner Aufgabe als Vermittler unmittelbar verbunden zu sein. Blair ist für die US-Investmentbank JP Morgan als Repräsentant im Nahen Osten tätig und gründete die Beratungsfirma »Tony Blair Associates«. JP Morgan profitiert unter anderem von einem neuen Handynetz in den palästinensischen Gebieten, dessen Genehmigung Blair der israelischen Regierung abschwatzte. Es ist also kaum noch zu unterscheiden, ob er nun gerade als Geschäftsmann oder als Friedensstifter unterwegs ist. Doch Blair kennt sich nicht nur mit der Vermarktung des Friedens aus, sondern auch mit der des Glaubens. Sobald er das Amt des Premierministers nicht mehr innehatte, konvertierte er zum Katholizismus und gründete die »Tony Blair Faith Foundation« sowie weitere religiöse Stiftungen. Und wenn es mit dem israelischen-palästinensischen Frieden nichts wird, hat Blair noch ein Betätigungsfeld in seiner »African Governance Intitiative«. Handynetze brauchen die Afrikaner bestimmt.