Vorbei an Briefkästen

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Schwarz-rot-gold flatterten sie in die Neuköllner und Treptower Briefkästen: Flugblätter der rechtspopulistischen Partei »Pro Berlin« mit dem Titel »Spiegel-TV schlägt ›Zigeuneralarm‹«. Man wolle die noch verbliebenen Deutschen wachrütteln, schrieb der Bundesvorsitzende Manfred Rouhs auf der Homepage von »Pro Berlin«. Zu einer Demonstration vorbei an den Briefkästen hatte daraufhin das »Bündnis gegen Rassismus« aufgerufen. »Willkommen in Neukölln, willkommen zu Hause« ist das Motto, die Demonstration richtet sich gegen Antiziganismus und Rassismus. Am Samstagnachmittag drängen sich ungefähr 400 Leute auf der Karl-Marx-Straße, Roma und Nichtroma, vorbei an Gesichtern, die meist teilnahmslos aus Fenstern auf die Straße blicken. Musik schallt durch die Straße. Einmal knallt ein Böller in der Menge. »Die Flugblätter sind eine Hetzkampagne«, so das Bündnis. Denn die Zugewanderten würden unter anderem als »Ausbeuter des Sozialstaates« bezeichnet. Diskriminierung dieser Art schüre genau den Hass, vor dem diese Menschen aus ihren Heimatländern geflohen seien. Faktisch würden ihre EU-Bürgerrechte negiert. Neben den Flugblättern geht es auch um die Wohnsituation oder um das Bleiberecht: Reden verweisen auf Sammelabschiebungen, wie einen Charterflug im Februar, der direkt in den serbischen Winter flog. Die Route durch Neukölln ist lang, später brüllt der einzige sichtbare Rechte aus einem Fenster: im Hertha-Trikot und mit Vereinsfahne, wild und unverständlich, nur »deutsch« ist immer wieder zu hören. Dann ein Missverständnis: Ein Rom kommt aus einem der Häuser, erst empört, dann begeistert. Nach den Flugblättern ging er wohl von einer antiziganistischen Demonstration aus. Er und viele andere schließen sich spontan an. Von »Pro Berlin« ist an diesem Tag nichts zu sehen, auch nicht als in der Fuldaer Straße getanzt wird und Roma-Kinder eigene Flugblätter in die Briefkästen werfen: »Neun Argumente für ein Bleiberecht.«