Nutzfahrzeuge

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»Keiner spürt es so wie du« oder »Es gibt immer was zu tun«. Mit solchen Slogans betreibt die Werbung schon seit längerem eine kuriose Romantisierung des Heimwerkerwesens. Denn niemand, der in einer Nachbarschaft großgeworden ist, in welcher ein irrer homo faber vier Stunden am Tag die Kreissäge singen lässt, wäre auf die Idee gekommen, diesem Menschenschlag eine zarte Seele zuzuschreiben. Oder überhaupt eine Seele. Bisher glaubte man hier eher Adornos »manipu­lative Persönlichkeit« vor sich zu haben, die im Handwerk Aggression sublimiert: Statt ihre Frau zu schlagen, nehmen sie das Schlafzimmer auseinander; statt Pogrome anzuzetteln, malen sie den Carport an. Nun überträgt sich der Kultus der passioniert schwitzenden Bastlerpersönlichkeit, den besonders Hornbach mit seinen speckig glänzenden Vorstadtschraten pflegt, peu à peu auf andere Branchen. Volkswagen etwa stellt sich dem Wagnis, in Europa SUVs zu verkaufen, mit dem markigen Claim: »Nutzfahrzeuge«. Einfach nur »Nutzfahrzeuge«, peng; ein Wort, das nur so brummt. In Amerika schätzt man die Boliden, weil sie auch bei kleinen Unfällen Fußgängern unglaubliche Verletzungen zufügen. In Deutschland legte man bislang mehr Wert auf die psychische Folter gleichrangig Motorisierter auf der Überholspur. Die Hornbachisierung des Automarkts, mit Elektrowinden am Mini, Schneefräsen am Golf und Mähdreschern vorm Cabrio könnte der unablässig ihre Freizeit vernutzenden Mittelschicht die teuren Drecksmühlen hingegen schmackhaft machen. Wer Landlust kauft und Funktionskleidung trägt, will sich nicht in ein buntes Fliewatüt setzen, sondern in ein Nutzfahrzeug. Voraussetzung: Halterungen für selbstgemachtes Pesto und den Fichtenholzkräutertrockner.

Leo Fischer ist Chefredakteur des Satiremagazins »Titanic«.