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Es gibt ja doch, das zeigt ein Blick in unsere Akten, erstaunlich viele Leserinnen und Leser, die die Jungle World vom ersten Tag an bis heute, also seit nunmehr 15einhalb Jahren, durchgängig abonniert haben. Das freut uns natürlich ganz besonders und ebenso besonders ärgern wir uns, wenn einer jener Abonnenten sich abmeldet. Das ist dann doch so ein bisschen wie Verlassenwerden. Wir legen dann »The End« von den Doors auf, trinken einen Wodka, schauen eine Weile betrübt aus dem Fenster, anschließend legen wir »I will survive« auf und tapezieren das Zimmer der Geschäftsführung neu. Und dann geht es irgendwie weiter.
Vorige Woche war es mal wieder so weit. Ein Abo der ersten Stunde wurde gekündigt. Lieferanschrift: »Senatsverwaltung für Inneres und Sport; Abt. II«. Abteilung II – das ist der Berliner Verfassungsschutz. Jetzt fragen wir uns natürlich: Was haben wir falsch gemacht? Sind wir zu brav geworden? Ist unsere Kritik abgeschlafft? Sind wir altersmilde geworden, zu freundlich, zu harmlos? Zumal dies auch noch unter einem CDU-Innensenator geschieht, während unter Rot-Rot beim Geheimdienst immer fleißig die Jungle World gelesen wurde. Vielleicht liegt’s ja einfach daran: Die Verfassungsschützer haben nur aus persönlichem Interesse gelesen. Das hat jetzt irgendein Sparkommissar entdeckt und nun wird ausgemistet in der Innenbehörde. Auch dort muss gespart werden. »Das könnt ihr doch genauso gut online lesen«, haben die Sparbeauftragten vielleicht gesagt, und die VS-Mitarbeiter stammelten nur: »Aber da gibt es dann ja die ganzen Comics gar nicht, und den OL, die Specials und überhaupt, das ist doch gar nicht dasselbe … « Aber da war das Kündigungsschreiben schon auf dem Postweg. Oder ist es vielmehr so, dass der VS künftig seine ganze Kraft auf den Rechtsextremismus konzentrieren will und linke Systemkritiker wie wir gar nicht mehr von Interesse sind? Unwahrscheinlich. Möglich aber, dass der VS unsere Antifa-Seite, auf der er sich früher über die Naziszene informiert hat, nicht mehr braucht, nachdem er bemerkt hat, dass jene Naziszene ohnehin zur Hälfte aus seinen Leuten besteht.
Vielleicht will man uns aber auch finanziell in die Knie zwingen. Nach dem Motto, zack, Abo gekündigt, viel Spaß beim Zeitungssterben! Dann sollten wir das Kündigungsbegehren einfach aus Versehen schreddern und in der Folge eine Batterie von Mahnungen schicken. Nunja, das Abo läuft jedenfalls Ende des Jahres aus. Es besteht also die Möglichkeit, dass diese Homestory noch gelesen wird. In diesem Fall möchten wir dem zuständigen Beamten oder der Beamtin zurufen: Überdenken Sie doch Ihren Schritt noch mal! Noch besser, schließen Sie im neuen Jahr ein Förderabo ab! Wir geben uns dann auch Mühe, Ihnen ganz, ganz böse Dinge zu liefern, die Sie hübsch in Ihre Berichte schreiben können. So lohnt sich’s für uns beide! Wie wär’s? Deal?