Mein Block, meine Blockade

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Für die Berliner Mieterbewegung ist die Winterpause vorbei. Mehr als 400 Menschen beteiligten sich am Samstag an der ersten Demonstration im neuen Jahr. Auch eine neue Parole riefen die Aktivisten auf ihrer kurzen Route durch Kreuzberg: »Die Gülbols bleiben in der Lause, die Polizei, die geht nach Hause!« Gemeint ist die Familie Gülbol aus der Lausitzer Straße 8, die zum Symbol des neuen Berliner Mieterwiderstands geworden ist. Nach jahrelangem Rechtsstreit mit ihrem Hauseigentümer André Franell war ihnen der Mietvertrag gekündigt worden, weil sie die Fristen zur Mietnachzahlung um einige Tage versäumt hatten. Sie klagten erneut, verloren jedoch in allen Instanzen, und so wurde ein Räumungstermin angekündigt. Dergleichen passiert eigentlich jeden Tag und meistens erfährt niemand davon. Doch die Gülbols gingen an die Öffentlichkeit, eine Solidaritätsinitiative entstand und über 200 Menschen verhinderten im vergangenen Oktober mit einer Blockade die angesetzte Räumung.
Ein zweiter Termin wurde im Dezember von der Justiz abgesagt. Doch am 14. Februar dürfte es ernst werden. Das Bündnis »Zwangsräumung blockieren« ist vorbereitet und organisierte mehrere Blockadetrainings. Selbst wenn die Räumung mit Polizeigewalt durchgesetzt werden sollte, dürfte die Mieterbewegung weiter an Stärke gewinnen. In den vergangenen Wochen haben sich weitere von Räumung bedrohte Mieter in Kreuzberg an die Öffentlichkeit gewandt und konnten durch politischen Druck einige Erfolge erzielen. Auch die Berliner Blockupy-Plattform ruft zur Räumungsverhinderung auf. Eine kluge Entscheidung, wie es scheint – schließlich spüren viele Menschen die Krise gerade in Form steigender Mieten. In diesem Sinne lassen sich der Widerstand gegen die Zwangsräumung wie auch die Mieter-Protesthütte, die seit acht Monaten am Kottbusser Tor steht, als eine Form des Krisenprotests im Alltag verstehen.