Aufs Grab gespuckt

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»Ding Dong! The Witch Is Dead« Margaret Thatcher beißt ins Gras, alle freuen sich. Im Zuge des Jubels wurde eine Facebook-Kampagne ins Leben gerufen, die »Ding Dong! The Witch Is Dead« als passende Hymne des Ereignisses vorschlägt. Der Song, ursprünglich 1939 von Judy Garland gesungen, kam in die britischen Charts. Die BBC findet das geschmacklos, mochte den Song nicht in Gänze spielen, sendete Ausschnitte. Ob es sich aus Gründen der Pietät verbietet, Thatchers Tod zu feiern, ist eine Frage höchster Ethik, die wir hier nicht beantworten können. Trotzdem, drei Dinge: 1. Müssten wir der Eisernen Lady nicht auch ein bisschen dankbar sein? Wäre ohne sie jemals ein Stratege auf die Idee gekommen, UK-Punk zu erfinden? 2. Zeigt »Ding Dong! The Witch Is Dead« nicht auch, was Pop so kann? Bestenfalls wird die Verwendung des Songs zur Verbreiterung der Diskussion führen: Wie lebendig ist eigentlich Thatchers politisches Erbe? 3. Wieso wurde eigentlich nicht Morrisseys »Margaret On The Guillotin« ausgesucht?   OKO
Kunstverständnis und Politik
Jay-Z und Beyoncé. Barack Obama setzt sich immer wieder öffentlich mit der Popkultur auseinander. Im vergangenen Jahr zum Beispiel mit einem Song von Nicki Minaj, in dem es heißt: »I’m a republican voting for Mitt Romney« – für Obama kein Problem, die Zeile sei nun mal Teil eines Songs, sagte Obama, und deshalb nicht eindeutig zu interpretieren. Smarter Punkt. Und eine Lehrstunde in Sachen Popverständnis. Ähnliche Gelassenheit herrschte nun hinsichtlich der Aufregung um die Kuba-Reise von Jay-Z und Beyoncé Knowles. Das Traumpaar hatte die Kommunisteninsel besucht, obwohl US-Bürger sich dazu normalerweise eine Erlaubnis einholen müssen. Jay-Z rappt in einem »Open Letter« davon, diese Erlaubnis bekommen zu haben. Ja, hat das Weiße Haus nun die Erlaubnis erteilt oder nicht? Eigentlich vollkommen egal. Interessant ist nur die Reaktion eines Sprechers. Nicht Obama entscheide über Kuba-Einreisen: »That is something that Treasury handles«, aber: »I guess nothing rhymes with Treasury«. Wahnsinnig witzig!   OKO
Was mag noch kommen
Scott Walker. Er ist die Antithese des angesagten Popstars, der immer geschmeidig bleibt. Des Musikers, der sich andauernd »Künstler« nennen muss, um davon abzulenken, dass er am liebsten Medienfigur ist. Scott Walker gibt kaum Interviews, er pflegt ein zurückgezogenes Leben, macht Metamorphosen durch und hat eine wahre Bilderbuchkarriere hingelegt: Als Mitglied der Walker Brothers und als Solo-Künstler wurde er in den sechziger Jahren zu einem riesigen Popstar, danach jedoch immer sperriger. Seine letzten Alben bewegen sich an der Grenze der Hörbarkeit. »The Drift« und »Tilt« waren echte Herausforderungen, mit »Bish Bosch« machte Walker 2012 nochmals deutlich, wie sehr sich sein Interesse verändert hat. Umso erstaunlicher – und deshalb vielleicht auch passend – ist es, dass nun Walkers Frühwerk wieder aufgelegt wird. Seine ersten fünf Solo-Alben erscheinen nun, remastered, als Box mit zusätzlichen Sleeve Notes, Fotomaterial, Essays und Interviews.   OKO
Tanz und Wirklichkeit
Psy. »Anderthalb Milliarden Mal auf Youtube angesehen«, »unzählige Parodien«, »Der Gangnam Style erobert die Welt« – so oder so ähnlich wird ständig über den Südkoreaner Psy und seinen Tanzstil berichtet. Aber im Ernst: Haben Sie da draußen jemals Menschen gesehen, die im Gangnam Style getanzt haben? Nein? Gibt es den Tanz außerhalb der Medien überhaupt? Wie dem auch sei. Psy hat jetzt nachgelegt, zu »Gentleman«, seinem neuen Song, gibt es auch einen neuen Tanz, der gar nicht so neuartig sein soll. Wahrscheinlich tanzen den wieder alle. Oder auch nicht.   OKO