»Strom abgeklemmt«

Bis zum 10. Juni muss der Berliner Energietisch für das Volksbegehren »Neue Energie für Berlin« 200 000 Unterschriften sammeln. Gelingt dies, kommt es zu einem Volksentscheid über die Rekommunalisierung des Stromnetzes, für das derzeit das Unternehmen Vattenfall verantwortlich ist. Stefan Taschner, Sprecher des Berliner Energietisches, gibt Auskunft.

Wie viele Unterschriften sind bisher eingegangen?
Wir sind bei etwa 154 000, wobei der Postbote heute noch nicht da war, das heißt, es kann am Nachmittag noch deutlich nach oben gehen.
Einer Forsa-Umfrage zufolge ist etwa die Hälfte der Berliner zufrieden mit der Stromversorgung und möchte vor allem billigen Strom.
Dass die Leute billigen Strom wollen, ist nicht verwunderlich. Jeder hätte gern alles Erdenkliche billiger. Aber setzt man nur auf private Versorger, fehlt die öffentliche Handhabe. Es gibt zum Beispiel Energiearmut in Berlin, im vergangenen Jahr wurde 20 000 Haushalten der Strom abgeklemmt. Man könnte also über Sozialtarife nachdenken, sie aber nicht einführen. Mit eigenen Stadtwerken wäre das hingegen möglich. Im Moment sind wir darauf angewiesen, was andere für uns tun, hauptsächlich Vattenfall.
Hat das Unternehmen auf das Volksbegehren reagiert?
Es gibt Plakatkampagnen und Radiospots, an der Urania gibt es Informationsveranstaltungen zum Volksbegehren, zu denen Vertreter von Vattenfall, aber keine vom Energietisch geladen sind. Das Unternehmen tut viel für sein Image. Gäbe es den Energietisch nicht, würde wahrscheinlich alles weniger kostspielig für Vattenfall ablaufen.
Wie stehen die Berliner Parteien zum Volksbegehren?
Große Unterstützung kommt von der Linkspartei, den Grünen und der Piratenpartei. Die SPD hat im vergangenen Jahr einen Beschluss gefasst, dass sie uns unterstützt. Bislang gab es aber keine erkennbaren Scharen von SPD-Anhängern, die auf der Straße für uns Unterschriften gesammelt haben.
Gibt es für die Rekommunalisierung des Stromnetzes Beispiele aus anderen Städten?
Nicht in dieser Größenordnung. Es wäre das größte Verteilungsnetz, das rekommunalisiert würde. Deshalb wäre es wichtig zu zeigen, dass es funktioniert. Die Versorgungssicherheit wäre garantiert, weil die Angestellten von Vattenfall, die für die Wartung und Steuerung des Netzes zuständig sind, übernommen würden. Diese Leute haben Erfahrung, zum Teil aus Zeiten vor der Privatisierung.