Wahre Helden

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Geld gibt es kaum für den Beruf dieser Woche: Moderner Vater. Stattdessen besteht seine Bezahlung in sozialer Anerkennung. Davon erhält unser Jobber sehr viel mehr als sein Äquivalent, die urbane Mutter. Während die sich in aller Regel verhöhnen lassen muss, in Comics und Büchern persifliert wird, schlägt dem Modernen Vater eine Welle der Sympathie entgegen, Respekt für diese unglaubliche Verantwortung, die er freiwillig übernimmt. Er formt unsere Zukunft und ist sich dessen bewusst, weiß um seine Stellung als Säule einer besseren Welt. Oh ja.
In der Regel übt er nur eine Halbtagsstelle aus, da der Moderne Vater zusätzlich noch etwas anderes macht, etwas ebenso Bedeutendes, etwas, das zum Bruttosozialprodukt beiträgt. Doch er verliert darüber nicht viele Worte, nur sein durchgedrückter Rücken und der selbstbewusste Gesichtsausdruck lassen den Stolz erkennen. Nein, eitel ist er nicht, übernimmt das Kind ganz klaglos am Nachmittag aus den Händen der Erzieher und dann: geht er einkaufen. Mit dem Kind! Für das Abendessen! Einfach so! Manchmal nimmt er sogar noch ein zweites oder drittes Kind mit in den Supermarkt. Das ist eine fast übermenschliche Leistung. Meistens sind noch andere Menschen im Laden, asoziale Singles, kinderlose Paare, urbane Mütter und Rentner, die könnten nun doch wirklich zu einer anderen Zeit ihre paar Zwiebeln und Kartoffeln kaufen. Der Moderne Vater braucht nämlich Platz. Und weil er oft das Gefühl hat, diese anderen Menschen schätzten seinen harten Job nicht ausreichend, erhebt er beim Einkauf geflissentlich seine Stimme. Das geht ganz automatisch und so wissen schnell alle im Geschäft, dass es heute Abend Nudeln, Tomatensoße und Fischstäbchen gibt. Er lässt das Kind die Tomaten, wir brauchen noch Tomaten! ganz alleine aussuchen. Gut, das Kind will lieber Erdbeeren, Bonbons und Eis, aber es weiß schon mit drei Jahren, wie Tomaten aussehen. Das ist ganz alleine das Werk des Modernen Vaters. Schwierig wird es, wenn der Moderne Vater auf einen anderen Modernen Vater trifft. Die Konkurrenzsituation bringt dann beide dazu, immer lauter zu schreien. »Mangold, Sophie, das ist aber eine tolle Idee«, brüllt der eine, der andere kontert mit »Joghurt, wir kaufen Joghurt«. Dass die urbane Mutter alles einfach so nebenbei erledigt, ohne zu schreien, und ihr Kind zusätzlich dazu bringt, den Kindereinkaufswagen nicht in die Hacken der anderen Menschen zu rammen, bestätigt den Modernen Vater in seiner Überzeugung, dass Frauen wirklich nicht als Führungspersonen geeignet sind. Das behält er aber natürlich leise schmunzelnd für sich.
Über die größte Gefahr seines Jobs spricht allerdings kaum jemand: Mittelalte Frauen leben in ständiger Versuchung, den Modernen Vater mit gefrorenem Fisch zu erschlagen.