Zum EU-Gipfeltreffen über Jugendarbeitslosigkeit in Berlin

Eine Jugend unter Angela Merkel

Die Bundeskanzlerin hat in Berlin ein EU-Gipfeltreffen zum Thema Jugendarbeitslosigkeit veranstaltet.

Nichts wie weg von hier: Wer jung ist und vom Leben noch etwas erwartet, verlässt die Zone der Hoffnungslosigkeit. Anders ist die Situation in vielen europäischen Ländern kaum noch zu beschreiben. Die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien, Irland und Griechenland liegt mittlerweile bei bis zu 60 Prozent, und dies sind nur die offiziellen Zahlen. Im eigenen Land brauchen Jugendliche nicht mehr auf bessere Zeiten zu hoffen, denn diese wird es so bald nicht geben. Portugal beispielsweise versuchte die Auflagen der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalen Währungsfonds besonders akribisch zu erfüllen. Das Ergebnis nach jahrelangem Sparen, Kürzen und Entlassen: Die Wirtschaft befindet sich in einer tiefen Rezession, die Schulden steigen weiter. Ein Ende der Misere ist nicht in Sicht.
Umsonst bekommt die arme Verwandtschaft aus dem Süden nur die Ratschläge aus Berlin. Wie auf dem Gipfeltreffen gegen Jugendarbeitslosigkeit, zu dem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vergangene Woche geladen hatte. Dort empfahl sie ihren europäischen Kollegen unter anderem, sie sollten doch das deutsche duale Bildungssystem übernehmen.
Die entscheidende Frage wurde dort aber nicht gestellt. Was nützt eine Ausbildung, egal wie sie nun strukturiert sein mag, wenn es am Ende gar keine Stellen zu besetzen gibt? Schließlich war keine Generation so gut ausgebildet wie die heutige – noch niemals zuvor haben in Spanien oder Portugal so viele Jugendliche studiert. Allein, es nützt nicht viel. Was bleibt, ist die Abstimmung mit den Füßen.
Sie führt zumeist in den Norden, dorthin, wo der Bedarf an ehrgeizigen und gut ausgebildeten Arbeitskräften wächst. So zieht Deutschland die besten Köpfe aus dem südlichen und östlichen Europa ab: Ingenieure und Softwarespezialisten, Techniker und Facharbeiter. Aber auch bei den weniger qualifizierten und niedrig bezahlten Tätigkeiten im Dienstleistungssektor ist die Nachfrage groß: in Hotels und Restaurants, in der Altenpflege und in der Nahrungsmittelindustrie. »Der Job meines Lebens« heißt vielversprechend das Anwerbeprogramm der Bundesagentur für Arbeit.
Diese Entwicklung gab es in Europa auch schon früher, als die Hoffnungslosen aus der Peripherie in imperiale Zentren wie London oder Paris strömten, um dort ein besseres Leben zu führen. Heute sitzt der Hegemon in Berlin. Und dort werden die Bedingungen festgelegt, unter denen es in der peripheren Eurozone weitergeht.
Sechs Milliarden Euro sollen im EU-Haushalt zugunsten eines Jobprogramms umgeschichtet werden. Angesichts von rund 5,6 Millionen arbeitslosen Jugendlichen in Europa handelt es sich dabei um einen winzigen Betrag. Vor allem im Vergleich zu den Summen, die für die Rettung des europäischen Bankensystems bereitgestellt wurden. Auch davon profitierten besonders deutsche Institute.
»Es darf keine verlorene Generation geben«, hatte Merkel vor dem Gipfeltreffen pathetisch erklärt. Doch um dies zu verhindern, ist es mittlerweile zu spät. Deutschland ruiniert den südlichen Ländern der Euro-Zone nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Zukunft.