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Wir haben es zunächst verdrängt. Als das nicht mehr ging, haben wir es vor uns hergeschoben. Als das nicht mehr ging, musste es dann sein: ein Thema zu den Bundestagswahlen. Um Missverständnisse auszuräumen: Wir haben nichts gegen Wahlen. Dass zahlreiche zur Wahl stehende Parteien zu einer Vielzahl von Themen etwas zu sagen haben, weckt die Neugier, dass der Ausgang der Wahlen nicht immer eindeutig vorher­zusehen ist, weckt die Lust zur Spekulation. Und es verhält sich auch ganz und gar nicht so, dass uns die Wahlen zuviel wären. Ganz im Gegenteil, jedes Mal fehlt uns etwas ganz Entscheidendes: Nirgends kann man über die Produktionsverhältnisse abstimmen, nirgends ist ein Feld für die Kreuzchen, mit denen man die ­eigenen Vorstellungen über das Eigentum an den gesellschaftlichen Produktionsmitteln in den häufig beschworenen Auftrag des Wählers verwandeln könnte. Nun gut, wir machen uns da nichts vor: Das wäre ­etwas zu viel verlangt von der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie. Aber mit halben Sachen geben wir uns eben nicht zufrieden. Deshalb gibt es auch auf unserer Themenstrecke eine umfassende Kritik des Wahlkampfs und dessen, was die Wahlen in Deutschland für Europa bedeuten.
Es gibt aber nicht nur Schlechtes zu erwarten. Wie Sie wissen, waren und sind wir sowie viele andere in Berlin sehr betrübt über den Verlust des Festsaals Kreuzberg, den uns eine heimtückische Feuersbrunst genommen hat. Am Wochenende war die Trauer­gemeinde dazu eingeladen, im Postbahnhof den Betreibern des Festsaals Beileid auszusprechen – und zugunsten des beliebten, aber abgebrannten Veranstaltungsorts zu feiern. Auch die Jungle World war mit ­einem Stand auf der Benefizgala zugegen, gleich neben den Kolleginnen und Kollegen des Verbrecher-Verlags, die sich vorbildlich und fürsorglich um die stete Versorgung mit alkoholischen Getränken kümmerten. Was wir von dem Abend noch wissen, lässt sich in etwa so zusammenfassen: Es war sehr voll, es war sehr laut und sehr viele Besucher kauften sich aus Verbundenheit mit dem Festsaal ein Soli-Shirt oder warfen einige Groschen in die Spendenbox. Als am nächsten Tag unser Kopfweh gewichen war, stellte sich Hoffnung ein. Phönix Festsaal – wir harren der Dinge in freudiger Erwartung.