Keine Jobs für Lehramtsstudenten in Bayern

Für die Arbeitslosigkeit lernen

Trotz guter Studienabschlüsse haben viele Lehramtsstudenten in Bayern kaum eine Aussicht auf eine Anstellung. Bis August will die Staatsregierung sogar weitere 830 Stellen an den Schulen streichen.

In Bayern ist man stolz auf alles Mögliche, schließlich ist der überschwängliche Patriotismus zumindest für Anhänger und Mitglieder der CSU beinahe so etwas wie eine Staatsdoktrin. Entsprechend groß ist auch der Stolz auf das Bildungssystem im Freistaat, das bei jeder sich bietenden Gelegenheit von der Staatsregierung gelobt wird. Egal, ob von Grundschulen, Hauptschulen, weiterführenden Schulen oder Hochschulen die Rede ist, mit der Qualität der Bildung ist sie stets zufrieden. Nur allzu gerne präsentiert die Regierung Bayern als Bildungs- und Forschungsstandort, der jedem Schüler und jedem Studenten hervorragende Möglichkeiten eröffne.
Mit der Lage angehender Lehrkräfte hat die Behauptung vom Chancen eröffnenden Bildungs­standort jedoch wenig zu tun. Denn viele Lehramtsstudenten haben keine realistische Aussicht auf eine feste Anstellung. Selbst wer einen sehr guten Studienabschluss vorweisen kann, muss die Arbeitslosigkeit fürchten. Insbesondere Studenten, die später an bayerischen Gymnasien unterrichten wollen, haben schlechte Aussichten: Lediglich 20 Prozent der angehenden Gymnasiallehrer im Freistaat können überhaupt auf einen festen Arbeitsplatz hoffen, die restlichen 80 Prozent der Studenten hingegen dürften gezwungen sein, sich eine andere Tätigkeit zu suchen.

Doch längst betrifft die Misere nicht mehr nur angehende Gymnasiallehrer, auch die Stellen für andere Schularten werden gekürzt. Insgesamt will die Staatsregierung 830 Stellen streichen, allen voran sollen Grund- und Mittelschulen davon betroffen sein. Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) rechtfertigt dies mit der rückläufigen Zahl an Schülern, die vor allem durch den demographischen Wandel bedingt sei.
Noch im Wahlkampf schien dieser Umstand die CSU allerdings nur in geringem Maß zu stören, auch in ihrer »Bayern-Plan« genannten Regierungserklärung erwähnte die Partei kein Problem in diesem Bereich. Im offenen Widerspruch zu Spaenles derzeitigen Amtshandlungen und Vorhaben heißt es darin: »Wir gehen in Bayern nicht den Weg anderer Länder, die den Personalstand im Bildungswesen zurückfahren. Wir garantieren vielmehr den bayerischen Schulen, dass auch bei sinkenden Schülerzahlen die freiwerdenden Lehrstellen vollständig im Bildungssystem belassen werden.« Für Bayerns Kultusminister besteht zwischen der Ankündigung im Regierungsprogramm und seinem derzeitigen Handeln offensichtlich kein Widerspruch. Im Doppelhaushalt 2013/2014 seien nämlich, anders als im Plan für 2011/2012, immer noch 300 zusätzliche Stellen für die Bereiche Bildung und Wissenschaft vorgesehen, verteidigte sich Spaenle kürzlich in der Süddeutschen Zeitung.
Diese Argumentation stößt beim bayerischen Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) auf Unverständnis. Die Vorsitzende des Landesverbandes, Gele Neubäcker, kritisierte in einer Pressemitteilung, Spaenle lasse »junge Lehrer auf der Straße stehen«, und forderte den Erhalt aller Planstellen. Klaus Wenzel, der Präsident des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands, sieht das ähnlich. Er nann­te das Verhalten der Staatsregierung in der Süddeutschen Zeitung »verantwortungslos und inkonsequent«, schließlich seien geplante Schritte wie etwa der Ausbau von Ganztagsschulen oder die Inklusion nur mit deutlich mehr Lehrkräften zu schaffen.

Ähnlich sieht das die Opposition im Landtag. Der Bildungspolitiker Martin Güll (SPD) warf Spaenle in der Süddeutschen Zeitung vor, »den Schülern die Chance auf besseren Unterricht« zu nehmen. Zur Verwirklichung von Seehofers »großspurig angekündigten Maßnahmen« benötige man mehr Lehrer statt weniger. Margarete Bause, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, warf der CSU in einem Artikel auf ihrer Homepage vor, eigene Ziele »torpediert« und den »ersten Betrug nach der Wahl« begangen zu haben.