Europäische und griechische Rechtsextreme demonstrieren in Athen

Der rechte Fels in der Brandung

Athen entwickelt sich zu einem Zentrum der extremen Rechten Europas. Die revisionistische Imia-Demonstration der griechischen Partei Chrysi Avgi am Samstag wurde zum Austausch genutzt.

Zwei Felsbrocken in der Ägäis waren vor gut 18 Jahren der Auslöser einer politischen Krise zwischen Griechenland und der Türkei. Der Konflikt, welche Flagge auf diesen unbewohnten Inseln namens Imia wehen darf, endete 1996 mit dem Absturz eines Militärhubschraubers, bei dem drei griechische Offiziere starben. Die genauen Umstände des Absturzes sind bis heute nicht geklärt. Nationalistische griechische Gruppen glorifizieren seitdem jedoch die Offiziere und reden von Verrat.
Am Jahrestag dieses Vorfalls ruft die nazistische Partei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) zu ihrem wichtigsten Aufmarsch im Zentrum Athens auf. Die Entwicklung der jährlich stattfindenden Imia-Demonstration spiegelt jene Chrysi Avgis wider – von einer militanten Straßenmiliz zur drittstärksten Partei Griechenlands. Was mit einigen Dutzend Neonazis und Hooligans anfing, ist heute ein Aufmarsch Tausender Menschen, die unter dem Banner Chrysi Avgis der »Helden« gedenken. Seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts nehmen auch Mitglieder ausländischer Parteien der extremen Rechten und militanter Neonazigruppen teil.
Im vergangenen Jahr wurde die Demonstration in einschlägigen Foren noch als die größte der Nachkriegszeit angepriesen, zu der »jeder weiße Nationalist« eingeladen sei. Delegationen aus mindestens neun europäischen Ländern folgten diesem Aufruf. So trafen sich in den Straßen Athens serbische Ultranationalisten, schwedische Neonazis, italienische Faschisten und militante Rechtsextreme aus Frankreich. Deutsche Neonazis aus dem Raum Dortmund, Nürnberg/Fürth und Rheinland-Pfalz sind bekannte Stammgäste. Die Reichweite ist ein Indiz für den Einfluss Chrysi Avgis auf Europas extreme Rechte – und ihren hegemonialen Anspruch.

Dieses Jahr hielt man sich bei der Mobilisierung allerdings zurück. Denn das gut funktionierende internationale Netzwerk der Rechtsextremen bescherte der Partei einen Ansehensverlust. Fotos von deutschen Neonazis als ausgewiesenen Gästen Chrysi Avgis im griechischen Parlament hatten für Empörung gesorgt. In einer Phase, in der sich die Partei nach außen hin vom Nationalsozialismus zu distanzieren versuchte, avancierte sie zum Aushängeschild der internationalen Neonaziszene. Während die Parteiführung öffentlich ihre internationalen Kontakte leugnete, weitete sie ihren Einfluss auf die extreme Rechte Europas über Online-Foren und persönliche Kontakte aus. Pressesprecher Ilias Kasidiaris verkündete daher nur intern, dass führende Mitglieder europäischer nationalistischer Parteien dieses Jahr anwesend sein würden.
Vor dem Denkmal für die gefallenen Offiziere in Athen rief die Parteispitze am Samstag zur Geschlossenheit auf. Angesichts der Inhaftierung führender Mitglieder und der Erschießung zweier Parteimitglieder im November 2013 gab es dieses Jahr weitere »Helden«, derer es zu gedenken galt. Nach zwei Stunden voller Reden und ritua­lisiertem Gedenken formierten sich dann die etwa 5 000 Teilnehmer zum Marsch. Die Euphorie deutscher Neonazis von der Partei »Der Dritte Weg«, die einen Live-Ticker initiiert hatten, erlosch jedoch sehr schnell. Über Twitter und Facebook teilten sie irritiert mit, dass die Demonstration bereits 20 Minuten später endete. Wahrscheinlich hatten sie nicht mitbekommen, dass »der Marsch durch Athen« aus Sicherheitsgründen verboten worden war und der Zug nur bis zur 500 Meter entfernten Metrostation laufen durfte.

Für die 30 deutschen Gäste aus dem Umfeld der Partei »Die Rechte« und dem »Freien Netz Süd«war es dennoch »ein unvergessliches Erlebnis«, wie Mitglieder auf ihren Seiten mitteilten. Auch die Parteiführung der dänischen Danskernes Parti und der schwedischen Svenskarnas Parti zeigte sich beeindruckt und bekräftigte, weiterhin Chrysi Avgi zu unterstützen. Jeder »weiße Nationalist«, der zu Hause bleiben musste, konnte die Veranstaltung dank eines professionellen Live-Streams von Chrysi Avgi verfolgen.
Die entscheidende Botschaft des Aufmarschs werden die internationalen Gäste allerdings kaum verstanden haben. Hauptredner Ilias Kasidiaris verkündete, dass »von griechischen Pat­rioten« die Partei Ethniki Avgi (Nationale Morgenröte) gegründet worden sei, die im Fall eines Verbots von Chrysi Avgi vor den anstehenden Europawahlen als Ersatz fungieren werde. Die europäischen Ambitionen der Partei werden größer, auch angesichts weiterer Koordinierungstreffen mit der extremen Rechten Europas.