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Die eine Disco gibt es nicht

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»Licht aus – Spot an!« Barry Gibb und seine hüftschwingenden Bee Gees waren einige Male bei einem leicht überdrehten Ilja Richter in der ZDF-Musiksendung »Disco« zu Gast. Sie quiekten sich hoch und höher – einmal wären fast die Spiegelkugeln an der Decke zersprungen. James Mercer, Kopf der geschätzten Umarmungsgi­tarrenpopper The Shins, hat viel von Barry Gibb gelernt, weshalb er sich nun auf einigen Songs des zweiten Albums der Broken Bells exakt so anhört wie der falsettbegeisterte Brite. Weil’s auf den Klang der Stimme (noch) kein Copyright gibt, darf er das sogar.
Möglicherweise sind Broken Bells tatsächlich »die kleinste Allstar-Band der Welt« (Focus). An seiner Seite weiß Mercer nämlich die viertberühmteste Maus der Welt, den Produzenten Brian Burton aka Danger Mouse. Die Produktion ist transparent, nicht zu wuchtig und überraschend warm für Songs, die von Jan Hammer (»Miami Vice«) inspiriert sind, allerdings auch von der verträumten Space-Psychedelic David Bowies. Auf »Leave It Alone« singt ein Mini-Gospel-Chor und der tolle, von nächtlicher Sehnsucht getragene Opener »Perfect World« erinnert an Ice House und OMD.
Retro bedeutet hier: Die eine Disco gibt es nicht. Das Album beschreibt laut Mercer »dieses Gefühl, wenn man die Disco verlässt, dieses Abenteuerland hinter sich lässt und wieder in der kalten Realität ist«. Deshalb heißt die Platte »After the Disco«. Melancholie ist die anmutigste Tänzerin.

Broken Bells: After the Disco (Columbia)