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Gehört man zu jenen, die unter dem Mini-Jetlag durch die Umstellung auf die Sommerzeit leiden, ist man für Anteilnahme und Zuspruch empfänglich. Von enthusiastischen Frühaufstehern kann man in dieser Hinsicht nicht viel erwarten. Schlimmstenfalls wird man mit Binsenweisheiten wie »Der frühe Vogel fängt den Wurm« oder »Morgenstund’ hat Gold im Mund« getriezt oder mit grotesken Aufmunterungsversuchen wie »Ist doch super, endlich kann man abends wieder länger joggen« konfrontiert. Langschläfer, die morgens nicht ans Weiterschlafen, sondern gleich an das abendliche Fitnessprogramm denken, dürften in der Wirklichkeit selten vorkommen. Die übrigen können sich vertrauensvoll an Ilse Aigner (CSU) wenden. Ja, liebe Leserinnen und Leser, sie haben richtig gehört: Bei Ilse Aigner finden Sie nicht nur Trost und Anteilnahme, die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin und derzeitige bayerische Wirtschaftsministerin will sogar entschieden gegen die Zeitumstellung kämpfen. Ihre Argumente sind entsprechend ihrer beruflichen Karriere bestechend. Die Umstellung auf die Sommerzeit bereite nicht nur den Menschen, sondern auch den Nutztieren erhebliche Probleme, sagte sie. Und die Energieersparnis durch die Zeitumstellung bleibe, anders als erwartet, leider aus, wie eine Studie der Linzer Johannes-Kepler-Universität im vorigen Jahr herausfand. Dabei wurde die Sommerzeit nur wegen der besseren Nutzung des Tageslichts und der dadurch erhofften Energieersparnis eingeführt. Angesichts der Ölkrise von 1973 einigten sich die meisten Länder der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf die Sommerzeit. Erste Erfahrungen mit der Zeitumstellung aus wirtschaftlichen Gründen wurden bereits während der beiden Weltkriege gesammelt, was übrigens auch ein gutes Argument für die Abschaffung der Sommerzeit sein könnte.
Bei Aigners Kampf gegen die Sommerzeit hapert es allerdings noch ein wenig mit der Umsetzung, denn die Ministerin schlug eine Internetpetition vor. Wie sich schon bei ihrem Streit mit Facebook gezeigt hat, scheint Internet nicht ihr Ding zu sein, sonst wäre ihr sicher aufgefallen, dass es solche Petitionen längst gibt. Die Petition »Abschaffung der Sommerzeitverordnung« hat seit Mai vorigen Jahres hierzulande bereits 51 061 Online-Unterstützer gefunden. Eine weitere Petition zum gleichen Thema wird bereits vom Petitionsausschuss des Bundestags geprüft. Da hilft also nur Abwarten. Und für die Leserschaft gibt es zum Schluss noch eine gute Nachricht: Wenn die Jungle World auf dem Küchentisch oder Sofa gelandet ist, hat man das Schlimmste bereits überstanden. Drei Tage nach der Zeitumstellung beginnt man damit, sich wieder besser zu fühlen, sagen nicht wir, sondern die Wissenschaft.