Die Geschäftsbeziehungen zwischen Deutschland und dem Iran

Shopping mit den Mullahs

Das »Business Forum Iran« in Frankfurt ist nach Protesten kurzfristig abgesagt worden. Doch die Geschäfte mit dem iranischen Regime sollen weitergehen.

Seit dem Atomabkommen von Genf und den daran anschließenden Verhandlungen über das iranische Nuklearprogramm in Wien kann sich nicht nur die Führung in Teheran so gut wie alles erlauben, ohne mit Kritik aus dem Westen rechnen zu müssen. Auch Lobbyorganisationen für den Handel mit dem Iran laden in Deutschland nach einigen Jahren relativer Zurückhaltung nun wieder ganz offensiv zu Werbeveranstaltungen für Geschäfte mit den Ayatollahs ein. Den Freibrief für das iranische Regime, der dazu geführt hat, dass es aus Deutschland keinerlei nennenswerte Stellungnahmen zu Ali Khameneis erneuter Infragestellung der historischen Realität des Holocaust am iranischen Neujahrsfest im März gegeben hat, versteht die deutsche Wirtschaft naheliegenderweise auch als einen für sich selbst und forciert trotz der immer noch weitgehend bestehenden Sanktionen die Geschäfte mit dem Iran: Nach Werbeseminaren von der Deutsch-Iranischen Handelskammer in Hamburg und des Nah- und Mittelost-Vereins in Berlin, hätte am 23. Mai ein »Business Forum Iran« in der Industrie- und Handelskammer in Frankfurt am Main stattfinden sollen, veranstaltet von der Maleki Group und unterstützt von der Deutsch-Iranischen Industrie- und Handelskammer (DIHK) mit Sitz in Teheran.

Für die DIHK hätte Daniel Bernbeck an der Veranstaltung teilnehmen sollen, seit Jahren einer der Cheflobbyisten für jene Geschäfte, die es den iranischen Machthabern ermöglichen, ihr Nuklearwaffenprogramm, ihre antiisraelische Politik und die Unterdrückung der iranischen Bevölkerung fortzuführen. Für die regierungsnahe Stiftung Wissenschaft und Politik hätte Walter Posch zugegen sein sollen, der in seinen Analysen zwar deutlich ausspricht, dass der »strategischen Vision« des iranischen Regimes das »Paradigma der Illegitimität des Staates Israel« zugrunde liege, der aber dennoch den Ausbau der Beziehungen zu eben jener »iranischen Think-Tank-Szene« fordert, in der derartige Vernichtungsvisionen in der nüchternen Sprache einer Analyse der Internationalen Beziehungen formuliert werden.
Das Veranstaltungsprogramm der Maleki Group, die seit gut 20 Jahren international besetzte Konferenzen zur Beflügelung des deutschen Außenhandels durchführt und von Nader Maleki, einem ehemaligen Mitarbeiter der Deutschen Bank, gegründet wurde, hatte es in sich. Markus Potzel, Referatsleiter Mittlerer Osten im Auswärtigen Amt, und Omid Nouripour, der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, sollten beim Business Forum nicht nur mit Ali Reza Sheikh Attar, sondern auch mit Ali Ashraf Afkhami über Möglichkeiten einer Ausweitung des deutsch-iranischen Handels reden. Gegen Attar, den Botschafter des iranischen Regimes in Deutschland, erheben iranische Oppo­sitionelle schwere Vorwürfe: Er soll in seiner Zeit als Gouverneur in den kurdischen Provinzen des Iran unmittelbar für mehrere Massaker verantwortlich gewesen sein. Zudem steht er im Verdacht, eine zentrale Rolle bei den illegalen Beschaffungsaktivitäten für das iranische Nuklear- und Raketenprogramm in Deutschland zu spielen. Afkhami ist der Vorstandsvorsitzende der iranischen Bank of Industry and Mine, die sich auf der Sanktionsliste der Europäischen Union und der USA befindet und auch Gegenstand der Sanktionsbeschlüsse der Vereinten Nationen ist. Afkhami verwaltet über die Tadbir Group zudem Setad, das milliardenschwere Finanzimperium des sogenannten Revolutionsführers Khamenei.

Nach ersten Protesten gegen die Veranstaltung gab Nouripour bekannt, dass er aus »terminlichen Gründen«, wie er betonte, doch nicht teilnehmen werde. Nach dem Hinweis auf die Sanktionen gegen die Bank of Industry and Mine durch das Bündnis »Stop the Bomb« teilte die Spreche­rin der Maleki Group ohne Angabe von Gründen eine Woche vor der Veranstaltung mit, dass auch Afkhami nicht erscheinen werde. Nachdem auf Initiative von »Stop the Bomb« eine Kundgebung gegen die Werbeveranstaltung für Geschäfte mit iranischen Holocaustleugnern und den Auftritt des iranischen Botschafters organisiert worden war, wurde das Forum zwei Tage vor seinem geplanten Stattfinden abgesagt. Zur Begründung beriefen sich die Veranstalter auf das Auswärtige Amt, das am Tag der Absage trotz der ursprünglich geplanten Teilnahme Afkhamis in einer Antwort auf eine Anfrage noch betont hatte, Deutschland setze das »EU-Sanktionsregime in allen Punkten um«. Auf die Frage, ob die Teilnahme Potzels nochmals überdacht werde, antwortete die Pressestelle wenige Stunden vor der Absage der Veranstaltung lediglich mit der Floskel, dass »die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen zur Islamischen Republik Iran« pflege. Die Maleki Group ließ allerdings wissen, das Auswärtige Amt habe ihr mitgeteilt, dass sich die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm in »einer entscheidenden Phase« befänden, aber »sowohl ein Erfolg als auch ein Scheitern im Bereich des Möglichen« lägen. Das »Business Forum Iran« solle erst stattfinden, »sobald die Wiener Atomverhandlungen zu einem klaren Abschluss gekommen sind«.
Fragt sich nur, warum das zuvor keine Rolle gespielt hat – selbst dann nicht, als noch die Teilnahme eines Vorstandsvorsitzenden einer mit Sanktionen belegten iranischen Bank im Programm des Forums stand, zu dem auch ein Referatsleiter des Außenministeriums als Redner angekündigt war. Auf Anfragen der Jungle World, ob Vertreter des Außenministeriums auch weiterhin gedenken würden, sich an Veranstaltungen zu beteiligen, zu denen die Teilnahme von Vertretern sanktionierter Unternehmen oder Institutionen angekündigt ist, antwortete die Pressestelle des Auswärtigen Amtes, man versuche »bei den laufenden Verhandlungen in Wien eine friedliche Lösung des Nuklearproblems zu erreichen«. Auf Fragen, ob dem Außenministerium die Vorwürfe gegen Attar bekannt seien und ob solche Veranstaltungen der Opposition im Iran und im Exil nicht in den Rücken fallen und die Verhandlungsposition des Westens bei den Atomgesprächen unterminieren würden, ging die Pressestelle nicht ein.

Die Absage der Veranstaltung ist zweifellos ein großer Erfolg für die Kritiker der deutschen Iran-Politik und des Handels mit dem Iran. Sie ändert allerdings nichts daran, dass Deutschland weiterhin führend darin ist, das antisemitische Regime im Iran durch den Ausbau von Geschäftsbeziehungen weiter am Leben zu erhalten und ihm die Fortsetzung seiner Projekte zu ermöglichen. Aber vielleicht nützt es ja etwas, dass die Maleki Group in der Begründung ihrer Absage konstatiert hat: »Für deutsche Unternehmen, die an dem Aufbau geschäftlicher Beziehungen zum Iran interessiert sind, ist die derzeitige Situation zu unübersichtlich.«