Wie Rechtsextreme über Ebola diskutieren

Mit Rassismus infiziert

Auch Nazis diskutieren über Ebola. Dabei vermischen sie klassischen Rassismus, antisemitische Verschwörungstheorien und die Hetze gegen Flüchtlinge.

Empathie gehörte noch nie zu den Tugenden der extremen Rechten. Beim Thema Ebola scheint dies ganz besonders zu gelten. Bereits im Mai sagte Jean-Marie Le Pen, der langjährige Vorsitzende des französischen Front National, am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Marseille den anwesenden Journalisten, »Monseigneur Ebola« könne das »Einwanderungsproblem« Europas binnen drei Monaten lösen, und sorgte damit für einen mittleren Skandal.

Nun, etwa drei Monate später, scheint sich die Wahrnehmung der Ebola-Epidemie in Westafrika in der extremen Rechten verändert zu haben. Statt von massenhaftem Sterben von Menschen in Afrika zu träumen, rückt immer stärker eine mögliche Bedrohung Europas durch die Viruserkrankung in den Mittelpunkt. Dabei entfalten sich jedoch höchst unterschiedliche Narrative, die teils getrennt voneinander, teils miteinander verwoben auftreten. Mehr oder weniger geschickt werden Ängste vor der meist tödlichen Krankheit mit der ohnehin schon bei vielen zumindest latent vorhandenen Furcht vor allem und allen Fremden verknüpft – erst recht, wenn diese aus Afrika kommen.
Um sich zu schützen, heißt es immer wieder, müsse Europa sich gegen die Migration aus Afrika abschotten. Besonders perfide vermischt die NPD im Wahlkampf in Brandenburg die Themen Ebola, Zuwanderung und vermeintlichen Leistungsmissbrauch. Als »Impfstoff gegen Asylbetrug« bezeichnet der stellvertretende Landesvorsitzender der NPD, Ronny Zasowk, seine Partei auf der Internetseite der Bundespartei und fordert »zum Schutz des eigenen Volkes« einen »sofortigen und ausnahmslosen Einreisestopp für Zuwanderer und Asylbewerber aus den betroffenen Ländern«.
Ähnliches fordern auch andere europäische Rechtsextreme, zum Beispiel die spanische Partei España 2000 und der Partido Nacional Renovador in Portugal. Die selbsternannte »Bürgerbewegung Hellersdorf« in Berlin fordert »vier Wochen Quarantäne für alle Einreisenden aus Afrika«. Meist ist Rassismus Teil der Argumentation, etwa wenn Zasowk schreibt, »viele Afrikaner« weigerten sich, »hygienische und medizinische Präventionsmaßnahmen zu ergreifen«.
Im Vergleich zu dem, was andere von sich geben, die nicht auf den Ruf einer Partei achten müssen, ist das freilich noch harmlos. Besonders heftig sind die verbalen Ausfälle auf dem Blog »Auf gut deutsch«, der dem Impressum zufolge von einem Hubertus von Auswertz aus dem Hannoveraner Stadtteil List betrieben wird. In an Rassismus kaum zu überbietender Sprache wird dort von Ebola als »Negerseuche« und von Geflüchteten als »möglichen afrikanischen Seuchenträgern« gesprochen.
Es finden sich noch andere Töne in den Texten des Blogs. »Man will die Bevölkerung bewusst hinters Licht führen«, heißt es da. Wer genau das tut, das verbleibt im Ungewissen. Die Zielgruppe – das zeigen Kommentare auf extrem rechten Internetseiten wie »Altermedia« – weiß ohnehin, wer gemeint ist. Auf der schwedischen Seite »Nordfront« etwa behauptet ein User, Ebola sei »von israelischen Virologen zur Tötung von Nichtjuden erfunden« worden. Futter bekommt dieser antisemitische Verschwörungsirrsinn gerade dadurch, dass ein israelischer Wissenschaftler derzeit als führend bei der Suche nach einem Impfstoff gegen die Krankheit gilt.

Andere wiederum halten alles für ausgemachten Hokuspokus. Ein User auf »Altermedia« schreibt, all das sei ein »Ebola-Märchen«, denn Viren gebe es gar nicht – genauso wenig wie Atombomben. Aber das glaube keiner, wie er enttäuscht feststellt. Ein anderer entgegnet, Atombomben gebe es sehr wohl, wie das Beispiel Fukushima zeige. Die »Virentheorie« sei aber im Grunde nur dazu da, der Pharmaindustrie Milliarden einzubringen. Ein weiterer User scheint der Branche auch eher skeptisch gegenüberzustehen. Er befürchtet, all das sei nur ein Schauspiel, um »Zwangsimpfungen« herbeizuführen.
Es lassen sich also drei Narrative wiederfinden in der derzeitigen Debatte der extremen Rechten über Ebola. Zum einen trifft man auf die klassisch rassistische Ansicht, derzufolge die vermeintliche afrikanische Unzivilisiertheit der Grund für den Ausbruch von Ebola und die Krankheit eine dezidiert afrikanische sei – was durchaus Ähnlichkeiten zu der ebenso aus der Luft gegriffenen, aber in den Achtzigern dennoch verbreiteten Bezeichnung von Aids als »Schwulenkrebs« aufweist. Zum anderen kommen antisemitische Verschwörungstheorien hinzu, wahrscheinlich weil für Antisemiten schlicht und einfach alles Schlechte von »den Juden« kommt. Dass Rechtsextreme in der gegenwärtigen Epidemie jedoch auch etwas Gutes sehen, weil ja schließlich die in ihren Augen Richtigen, nämlich Schwarzafrikaner, sterben, scheint für sie dabei keinen Widerspruch darzustellen.
Schließlich werden Zuwanderer aus Afrika zur Bedrohung erklärt, damit wird die Forderung nach konsequenter Abschottung nach außen verbunden. Für die gesellschaftliche Breitenwirkung scheint dieser Gedanke der entscheidende zu sein. Denn viele, denen allzu offen geäußerter Rassismus und Antisemitismus zu platt erscheinen, sind dennoch empfänglich für Bedrohungsszenarien, die sich in fremdenfeindlicher und sozialchauvinistischer Weise gegen Geflüchtete richten und diese als Gefahr darstellen – sei es für den Geldbeutel oder für Leib und Leben. Wenn Filip Dewinter vom Vlaams Belang fordert, die Grenzen zu den »Ebola-Ländern« zu schließen, und Gábor Staudt, Abgeordneter der Jobbik im ungarischen Parlament, davor warnt, Asylsuchende könnten Ebola nach Ungarn bringen, dann können sie sich sicher sein, dass sie über ihre traditionellen Milieus hinaus Gehör finden.

So berichtete Anfang August die Süddeutsche Zeitung darüber, wie gegen eine Flüchtlingsunterkunft in München auch mit der Angst vor Ebola Stimmung gemacht wurde. Die Geflüchteten »kommen hierher, machen uns an, bringen ihre Seuchen mit«, hieß es nach Berichten des Bayerischen Rundfunks in der inzwischen offenbar gelöschten Facebook-Gruppe »Gegen das Asylheim München Heidemannstraße«. Dass fast keiner der Bewohner der ehemaligen Bayern-Kaserne aus Westafrika stammt, ist den vorgeblichen Anwohnern offenbar gleichgültig. Das verdeutlicht, um was es in der ganzen Aufregung geht: nicht um Ebola oder um sonst eine ansteckende Krankheit, sondern um Rassismus.