Die rechte Gruppe »Hooligans gegen Salafisten«

Das letzte Aufgebot

»Hooligans gegen Salafisten« – was klingt wie der Titel eines schlechten B-Movies, ist der Name einer tatsächlich bestehenden Gruppe, die Deutschland vom Islamismus rein halten will.

»Gemeinsam sind wir stark« ist auf dem Banner zu lesen. Tätowierte Stiernacken stehen einträchtig mit jungen Nachwuchshooligans im Kreis. Fans von Borussia Dortmund, Fortuna Düsseldorf und Eintracht Frankfurt geben sich anhand ihrer Fanutensilien zu erkennen. Als akustisches Zeichen der gemeinsamen Verbundenheit wird immer wieder ein Schlachtruf aus dem Sandalenfilm »300« wiederholt: »Ahu«.
Dieses skurrile Schauspiel war am Sonntag in Dortmund an den Katharinentreppen am Hauptbahnhof zu beobachten. Es handelte sich dabei um das dritte »Kennenlerntreffen«, zu dem eine Gruppe mit dem Namen »Hooligans gegen Salafisten« (Hogesa) aufgerufen hatte. Zu den Treffen in Köln und Essen an den zwei vorangegangenen Wochenenden waren nur einige Dutzend Teilnehmer gekommen. Nun sind es mehr als 300.

»Wir stehen hinter unserer Sache. Wir sind nicht rechtsradikal«, verkündet ein Redner. Obwohl es für diese Aussage einigen Applaus gibt, ist sie nicht richtig. Unter den Teilnehmern sind Mitglieder von »Die Rechte«, unter anderem weithin bekannte Nazis wie Siegfried »SS-Siggi« Borchardt und Michael Brück. Wie schon eine Woche zuvor in Essen ist auch Dominik H. Roeseler, Ratsherr für »Pro NRW« in Mönchengladbach, unter den Teilnehmern. »Es war ein Kennlerntreffen einer Facebook-Gruppe, der ich angehöre und die ich gut finde«, begründet er auf Nachfrage von Bild seine Teilnahme.
»Ich werde es nicht dulden, dass Menschen, die anderen Menschen die Köpfe abschlagen, Frauen vergewaltigen, hier geduldet werden«, ruft eine Frau durch das Megaphon, das wie ein Open Mice genutzt wird. Viel mehr passiert nicht. Nach dem obligatorischen Gruppenfoto für die Mobilisierung in den sozialen Netzwerken und lauten »Deutschland«-Rufen wird schließlich die Versammlung beendet. In Essen schritt die Polizei noch ein und verteilte Platzverweise an die Teilnehmer der nicht angemeldeten Demonstration. Zwei Personen kamen in Gewahrsam, weil sie Widerstand geleistet hatten.
Anstatt eines Manifests hat die Gruppe ein Video online gestellt. »Wir haben die Schnauze voll, dass wir in unserem christlichen Land uns als Ungläubige beleidigen lassen müssen«, sagt eine Stimme aus dem Off. Man wolle verhindern, dass »Terroristen hier offen ihren Hass gegen Christen, Juden, Moslems, Hindus und so weiter schüren dürfen«. In dem Video erfolgt auch eine Distanzierung »von jeder rechten Partei« und jeglichem Nationalismus. Zudem wird betont, dass weder die Polizei »noch Andersgläubige« als »Feind« betrachten würden. Als Ziel de­finiert die Gruppe, »Kultur und Freiheit zu schützen« und ein »terroristenfreies Land« anzustreben.
Auslöser für die Zusammenrottungen in den vergangenen Wochen waren die Auftritte der »Sharia Police« in Nordrhein-Westfalen. Nach dem ersten Auftritt der salafistischen Tugendwächter in Wuppertal folgten missionierende Spaziergänge in Bonn, Leverkusen und Düsseldorf. Auf die orangefarbigen Warnwesten, die sie während des ersten Rundgangs getragen hatten, verzichteten sie zumeist wegen des Uniformierungsverbots, doch die Botschaft blieb dieselbe. Nachdem der Kabarettist Serdar Somuncu in der »Heute-Show« sich über die Salafisten als eine der »100 nervigsten religiösen Splittergruppen« lustig gemacht hatte, endete seine Satire mit dem Aufruf an die Sharia-Polizisten: »Kommt doch mal nach Köln. Da habt ihr so viel zu tun, dass ihr nach drei Stunden einen Burn-out habt.« Diese Aufforderung nutzte Sven Lau, der Kopf der Salafistengruppe, geschickt für seine Zwecke. Einige Tage später tauchte im Internet ein Video auf, in dem er mit einem Glaubensgenossen durch Köln schlendert. »Wir sind hier auf den Kölner Ringen«, sagt sein junger Mitstreiter in die Kamera. Die Botschaft an die Gesellschaft ist klar: Uns kann man nicht aufhalten, wir machen weiter.

Nach Aussage der Hooligans ist die Untätigkeit der Polizei bei solchen nächtlichen Machtdemonstrationen der Salafisten ein Grund für ihre eigenen Aktionen. Es handele sich lediglich um ­einen »radikalen Schrei nach Aufmerksamkeit« einer rechtsextremen und weitgehend ignorierten Randgruppe, sagte hingegen Olaf Sundermeyer im Deutschlandfunk über die Auftritte der Hogesa. Offensichtlich erkennen die Hooligans die Salafisten als neue Macht und somit Konkurrenz auf der Straße an. Freiwillig wollen sie ihr vermeintliches Terrain nicht verlassen, wie das Machtgebaren in den deutschen Innenstädten zeigt. Als anachronistische Jugendkultur, die sich vor allem an junge Männer richtet, die nicht nur verbal rebellieren wollen, geht es nun gegen einen neuen Rivalen auf die Straße. Das vereint, deshalb treten die Hooligans auch zusammen und nicht mehr getrennt durch »die Farben« an.
Auch abseits der eigenen Szene gibt es Zuspruch für die Hogesa. »400 Hooligans sind schon mal eine Hausnummer, so eine Truppe könnte jede Salafistendemo in Nullkommanix auflösen«, träumt ein Kommentator auf dem Blog »Politically Incorrect«. Dort stößt die Idee von gewalt­tätigen Fußballfans als neuen Bündnispartnern im Kampf gegen den Salafismus aber nicht nur auf positive Reaktionen. Ein Kommentator etwa merkt an, dass man ja auch nicht »mit der Mafia oder den Hells Angels gegen Salafisten« antrete. Dem nordrheinwestfälischen Innenminister Ralf Jäger (SPD) zufolge ist der Salafismus derzeit die bundesweit am schnellsten wachsende ex­tremistische Bewegung, gerade unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Dagegen stemmt sich nun eine in die Jahre gekommene Jugendbewegung mit allerletzter Kraft.