Mainstream unter Druck

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Unausgewogen, tendenziös, einseitig – die Vorwürfe gegen die Ukraine-Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten wiegen schwer. Seit Wochen gibt es von mehreren Seiten heftige Schelte für ARD und ZDF. Da sind zum Beispiel die Parteien, vor allem Grüne und Linkspartei. Beide lassen kaum ein gutes Haar an den Schilderungen des Konflikts. Gleiches gilt für einige Blogger. Sie machen Front gegen die ihrer Überzeugung nach indiskutable Darstellung des dortigen Geschehens.
Der Tenor der Kritiker ist dabei weitgehend einheitlich: Die Sender würden sich zu oft auf die Seite der Regierung in Kiew schlagen und damit berechtigte russische Befindlichkeiten ignorieren. Die Anklage der Empörten gipfelt in der Anschuldigung, ARD und ZDF vernachlässigten ihre Sorgfaltspflicht in grober Weise. Auch Sahra Wagenknecht von der »Linken« wirft sich für Putin in die Bresche und poltert in Richtung ARD, dort mache man sich zum »willfährigen Handlanger politischer Interessen«.
Die Öffentlich-Rechtlichen sind also eine Propagandaeinheit, die wahlweise von Kiew oder Berlin aus gelenkt wird? »Tagesthemen« und »Heute-Journal« indoktrinieren uns Fernsehzuschauer so massiv wie vorsätzlich? Die betreffenden Redakteure machen sich zu journalistischen Steigbügelhaltern der ukrainischen und der deutschen Regierung, die bekanntermaßen den russischen Präsidenten verteufeln? Interessant, da ist mir offenkundig etwas entgangen – was vermutlich an meiner eigenen Voreingenommenheit liegt. Denn ich halte Wladimir Putin für einen lupenreinen Machtpolitiker, einen geschickten Zocker, der schaut, wie weit er ungestraft gehen kann.
Mir ist klar: Schon allein diese Sichtweise macht mich zu einem Vertreter der sogenannten veröffentlichten Meinung. Und mit der ist derzeit gerade in Deutschland kein Blumentopf zu gewinnen. Im Gegenteil. Wer hierzulande schlecht über Zar Wladimir redet und schreibt, der erntet Schimpf und Schande. Die Leserbriefspalten und Online-Kommentare sind voller Zorn über jene Autoren, die es wagen, die Lauterkeit der Methoden und Absichten des russischen Präsidenten in Zweifel zu ziehen. Da wird man schon mal schnell als Faschist gebrandmarkt, der den Gleichgesinnten in Kiew nach dem Munde rede.
So zeigt der Konflikt in der Ukraine auf verstörende Art und Weise: Die Kluft zwischen Medienmachern und Medienkonsumenten ist so tief wie selten zuvor. Was nicht zuletzt an Facebook, Twitter und Co. liegt. Das Internet schafft durch seine Flut von ungefilterten Informationen zuweilen neue Wirklichkeiten. Jeder kann sich das heraussuchen, was ihm ins Weltbild passt. Ein Journalist, dessen Aufgabe es ja auch ist, Informationen zu analysieren und einzuordnen, stört da nur. Wladimir Putin sieht das übrigens auch so.