Kampf dem Grassismus

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Es ist ja gar nicht so, dass Günter Grass’ politische Äußerungen das Schlimmste an ihm gewesen wären. Das eigentliche Grauen liegt doch darin, dass Grass Schule gemacht hat, dass er als Klassiker zu Lebzeiten geführt wurde – und dadurch eine ganze Generation von Autoren verdorben hat. Bis zuletzt hat er den Typus des Wanderpredigers gepflegt, schamlos, ohne einen Funken Selbstzweifel; ein hoher pädagogischer Ton durchzieht noch die mit letzter Tinte gekrakelten Textgebilde. Der viel zu früh kanonisierte Autor hat vor allem die Jugend verroht, literarisch brutalisiert; ja, es hat letztlich eine Vergrassung der gesamten deutschen Literatur stattgefunden, die gerade die Unschuldigen, die Schreibschüler und Romandebütanten, besonders getroffen hat. Der zersetzende Einfluss des Grass zeigt sich in der Sozialpädagogisierung ihrer Werke: Alle verkleiden sie wieder gutgemeinte Botschaften in bunten Lyrismen, alle wollen sie wieder den Buchdeckel als moralische Anstalt. Und dann diese Obsession mit dem magischen Realismus; die Manie, mit aller Macht den Alltag zu verzaubern, das Schöne im Banalen zu entdecken. Das geschieht doch bereits, ständig! Der Alltag wird bereits hinreichend verzaubert! Pausenlos machen Fernsehen und Presse Reklame für die Realität, behaupten die Erträglichkeit der Verhältnisse, als duldete der Kapitalismus Wunder und Geheimnis. Der Grassismus ist Reklame höherer Art, für den Lebensstil der neuen Mitte, die glaubt, aus den Nischen des Alltags einen Zauber herauspressen zu können, der doch nichts als die Herrlichkeit ihres Angekommenseins feiert. Wir können nur weiterkämpfen und agitieren, bis der internationale Grassismus mit Stumpf und Stiel ausgerottet und aus der deutschen Literatur für immer getilgt ist.