In Frankfurt am Main demonstrierten Rechtsextreme und Neonazis

Vereint marschiert, getrennt geschlagen

Das Bündnis »Widerstand Ost/West« hatte zu einer Großdemonstration in Frankfurt am Main aufgerufen. Zur Vereinigung von Hooligans, Neonazis und antimuslimischen Rechten kam es jedoch nicht.

Pleiten, Pech und Durchhalteparolen prägten den Samstag für das rechtsextreme Bündnis »Widerstand Ost/West« in Frankfurt am Main. Zuerst stellte die Polizei ein Teppichmesser, eine Schutzweste und Werkzeuge in den Autos der Organisatoren sicher, dann wollte die riesige LED-Wand nicht mitspielen. Schließlich konnte die Lautsprecheranlage gerade einmal etwa 200 Demonstrationsteilnehmer beschallen. Zudem verhinderten über 2 000 Gegendemonstrantinnen und -demonstranten, darunter einige militante Antifaschisten, eine reibungslose Anreise.
Mehrere Monate lang hatten die Organisatoren um Ester Seitz, die von Pegida-Gründer Lutz Bachmann auf Facebook als die »kleine Spalterin von der VS-Gehaltsliste« bezeichnet worden war, in ganz Deutschland für ihren Aufmarsch geworben. Die bundesweit gegründeten Ableger des »Widerstands Ost/West« sind stramm rechte Abspaltungen von Pegida und zeugen von den Querelen in der Führung der Bewegung.

Die selbsternannte »Mitte der Gesellschaft« offenbarte sich in Frankfurt als wilde Mischung aus rechtsextremen bis neonazistischen Elementen: Protagonisten des antimuslimischen Blogs »PI-News«, Funktionäre von Kleinstparteien wie Pro Deutschland, Die Freiheit und Die Republikaner, Legida-Sprecher sowie neonazistische Anhängern der »Hooligans gegen Salafisten« und der »German Defence League« waren angereist. Dabei fielen vor allem die »Berserker Pforzheim«, der »Bund Deutscher Hooligans« sowie die »Division Wolfsburg« und Hooligans aus Mannheim, Berlin und Erfurt auf. Im Internet sind zahlreiche Fotos zu finden, auf denen ihre Mitglieder zu verschiedenen Gelegenheiten mit dem Hitlergruß oder unter Hakenkreuzflaggen zu sehen sind. Ihr martialisches Auftreten mit altbekannten Schlachtrufen wie »Ahu! Ahu!«, »Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!« und »Antifa – Hurensöhne!« prägten auch den Frankfurter Aufmarsch. Anhänger der hessischen Pegida, Mitglieder von Kameradschaften und der NPD waren überraschenderweise nicht auszumachen.
Die von der Polizei befürchtete »typische Links-rechts-Auseinandersetzung« blieb nicht aus: Auf dem Weg zum Kundgebungsort trafen Hooligans und antifaschistische Gegendemonstranten im Bahnhofsviertel aufeinander. In der Folge zierte neben Tribal-Tattoos auch das eine oder andere Veilchen manchen Glatzkopf. Anschließend mussten sich die gebeutelten Rechtsextremen die Zeit mit Durchhalteparolen und polterndem Rechtsrock vertreiben. Manche bedrohten Journalisten. Wohl auch wegen der holprigen Anreise und der kümmerlichen Teilnehmerzahl war die Stimmung niedergeschlagen. Da half auch die auf einer schwarz-weiß-roten Flagge geschriebene Aufforderung »Klagt nicht, kämpft!« nicht.
Inhaltlich bestimmten Nationalismus und der Hass auf Linke, »den Islam« und die »Lügenpresse« die Versammlung. Bereits im Aufruf wurde vom Islam als Mittel der Linken zur Zersetzung Deutschlands halluziniert, die Journalisten und Politiker zum Machterhalt und aus Feindschaft zu Deutschland betrieben. Als Demonstrationsort wurde dem Aufruf zufolge auf Frankfurt gewählt, da es dort besonders »linksversifft« zugehe. Auch während des Aufmarschs wurden abstruse Vorträge über den Koran gehalten. Die Hetze gegen Antifaschisten kam ebenfalls nicht zu kurz. Gegen einen »richtigen Kampf« unter Hooligans, »Mann gegen Mann«, sei nichts einzuwenden, die »Steineschmeißer« und »Nazis von der Antifa« verstünden davon jedoch nichts, so ein Organisator. Es fehlte auch nicht an obskuren Beiträgen einzelner Personen. Ein Mann gestand Muslimen zwar ein Leben auf »unserem Planeten« zu, »in unserem Wohnzimmer« hätten diese jedoch »nichts zu suchen«. Ein Mann um die 50, eine Kette mit dem Davidstern um den Hals, wünschte sich einen »stolzen Arbeiterführer wie Ernst Thälmann« im Kampf »gegen die Faschisten«, mit denen die Gegendemonstranten gemeint waren.

Die Polizei hatte für den »Widerstand Ost/West« einen großen Korridor mitten in der Innenstadt abgesperrt. Darin war ein kleinerer Bereich für den rechten Aufmarsch gesichert, umgeben von einer großen Zahl an Polizisten und Wasserwerfern. Der Versuch der Stadtverwaltung, die Veranstaltung an den Stadtrand zu verlegen, war vor Gericht mit Verweis auf die friedlichen Demons­trationen der Pegida in Frankfurt und das angeblich lediglich von der Gegenseite ausgehende Gewaltpotential gescheitert.
Wiederholt versuchten Antifaschisten, die Absperrungen zu durchbrechen. Etwa 150 von ihnen wurden eingekesselt. Die angekündigte »Nulltoleranz gegenüber Störern« setzte die Polizei mit Pfefferspray und Schlagstockeinsätzen durch. Die Rechtsextremen dankten es mit Sprechchören wie »Eins, zwei, drei, danke, Polizei!«.
Solche kleinen Freuden dürften die Anhänger des »Widerstands Ost/West« jedoch nicht über die harten Tatsachen hinwegtäuschen: Der angekündigte Großaufmarsch blieb aus, mag Seitz auf Facebook auch von einem »Sieg in Frankfurt« sprechen. Der Versuch, die eigene Marginalität durch die Bildung eines Bündnisses zwischen christlichen Fundamentalisten, trinkfesten Nazi-Hooligans und vermeintlich israelfreundlichen, antimuslimischen Rassisten hinter sich zu lassen, ist fehlgeschlagen. Zwar hat sich in den vergangenen beiden Jahren ein großes reaktionäres Potential auf deutschen Straßen gezeigt. Für eine rechte Massenbewegung reicht es jedoch nicht. Und zumindest dies ist eine beruhigende Erkenntnis nach dem Samstag in Frankfurt.