Tils Edelheim

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Til Schweiger, fleischgewordener Archetyp neudeutscher Normalität, will ein Vorzeigeflüchtlingsheim bauen, nach Rücksprache mit Sigmar Gabriel. Diejenigen, die Til Schweiger bisher als unverbesserlichen Kotzbrocken abgeschrieben hatten, hoben bei der Nachricht anerkennend die Brauen: Na, das ist doch mal was, wenn der jetzt ein Flüchtlingslager baut, da setzt doch mal einer ein Zeichen! Und ohne Zweifel: Jeder Prominente, der sich für Flüchtlinge engagiert, hat Anerkennung verdient. Doch ist im Fall Schweiger strenges Bilanzieren angesagt. So dürfte die Anzahl der Flüchtlinge, die Schweigers jahrelange Propaganda für die Kriege der Bundeswehr erzeugt hat, weit über den 600 armen Seelen liegen, die jetzt in sein Edelgefängnis dürfen. Schweiger hat mitgebaut an der neuen Normalität deutscher Kriege, hat dem Militarismus ein menschliches Antlitz gegeben. In Zusammenarbeit mit der Bild-Zeitung flog er sogar im Feldlager Kunduz ein, um den Mördern da persönlich auf den Rücken zu klopfen. Hingegen dürften seine NPD-kompatiblen Parolen in Sachen Kinderschänder genau jenen Milieus Rückhalt gegeben haben, die jetzt Jagd auf Flüchtlinge machen. Subtiler, aber nicht weniger verheerend ist sein Einfluss auf die deutsche Kulturindustrie; die Filme, die unter seiner Regie entstehen, wie auch solche, die er fördert, sind mitverantwortlich für das neue Unschuldsgefühl der Deutschen, die sich und ihre Verbrechen nur mehr als Gegenstand von Komödien sehen und ansonsten von der Welt Unterwerfung unter ihre neue Liebenswürdigkeit erwarten. Und wen das alles nicht überzeugt, der stelle sich vor, wie Schweiger durchs Flüchtlingsheim schreitet: »Ey Mann, M’bele, dein Asylantrag wird jetzt noch schneller abgewiesen, das hat mir der Siggi persönlich versichert.«