Der Führungswechsel in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft

Gutes Gewissen

Die Deutsch-Israelischen Gesellschaft hat einen neuen Präsidenten. Und der scheint für das Amt einschlägig qualifiziert.

Hellmut Königshaus brauchte eine neue Aufgabe. In den achtziger und neunziger Jahren im kommunalen waste management Berlins tätig, machte der FDP-Mann später Parteikarriere und zog 2004 in den Bundestag ein. Ab 2010 fungierte er als dessen Wehrbeauftragter. Im Mai endete seine Amtszeit und der 65jährige suchte eine neue Herausforderung.
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) hatte ein Herz für ihn und selbst schlimme Not, suchte sie doch nach einem Nachfolger für ihren zurückgetretenen Präsidenten Reinhold Robbe. Die Buchhaltung soll, wie man hört, untypisch für einen deutschen Verein, komplett aus dem Ruder gelaufen sein. Idiosynkrasien und Intrigen, diese wiederum sehr typisch, hatten zum Zerwürfnis zwischen dem Präsidenten und seinem Kassenwart Stephan Kramer geführt. Schließlich verlangten einige regionale Sektionen, in denen gelegentlich ernsthafte proisraelische Arbeit versucht wird, mehr Autonomie von der Zentrale. So also kam es zur Wahl, es gab genau einen Kandidaten, besagten Königshaus, und weißrussische Zustimmungsraten.
Das ungeschriebene Gesetz, dass ausgemusterte SPD- und CDU-Leute sich in diesem Amt abwechseln, da sich der Verein von ihnen Ansehen und Einfluss im Parlament verspricht, wurde diesmal gebrochen; sei dies nun als Gnadenakt für die darbenden Liberalen oder als Verzweiflungstat zu verstehen, weil sich aus den Regierungsparteien niemand fand.
Zudem hatte Königshaus seine special relationship zu Israel und zu dessen Todfeinden bereits unter Beweis gestellt. 2006, als EU und Bundesregierung noch jeden Kontakt zur Hamas ablehnten, traf er sich wagemutig und auf Vermittlung der Deutsch-Arabischen Gesellschaft – bei der nomen noch omen ist – im Séparée eines Berliner Restaurants mit Atef Adwan, einem Minister der Hamas-Regierung. Ein »persönliches, inoffizielles und vertrauliches Gespräch«, in dem Königshaus nach Eigenauskunft »unmissverständlich« auf einen »Gewaltverzicht« und die »Anerkennung des Existenzrechts Israels« gedrungen hat.
Das Gespräch muss ein Erfolg gewesen sein; immerhin sprach sich Königshaus öffentlich für die »Unterstützung der gemäßigten Hamas-Kräfte« aus. Deutsche, zumal solche mit Bundestagsmandat, wissen halt am besten, was gut ist für den jüdischen Staat.
Sich zum Parlieren mit den Vertretern eines antisemitischen Terrorregimes nachträglich das gute Gewissen zu verschaffen, dazu taugt so eine Präsidentschaft bei der DIG ganz ausgezeichnet. Gleichwohl wurde Königshaus kaum für seine außenpolitischen Meriten gewählt; manche der Delegierten waren so ahnungs- wie arglos, anderen war es schlicht egal. Man muss wohl einräumen, dass die DIG vor allem für harmlose Lachsschnittchenevents, für routiniert zerknirschte Gesichter zum Vergangenen und für kommensurable Kultur mit harmonischem Moll und phrygisch-dominanter Tonleiter steht. Sehr unschön ist dies gerade zum Jubiläum von 50 Jahren diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel zu beobachten.
Die DIG ist, von wenigen spärlichen Versuchen abgesehen, keineswegs eine kritische und interventionsfähige proisraelische Lobby. Die gibt es in diesem Land auch nicht. Und das hat Gründe.