Das Referendum über die gleichgeschlechtliche Ehe in Slowenien

Referendum für das Rollback

In Slowenien wurde im März ein Gesetz zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare verabschiedet. Doch über dessen Rechtmäßigkeit soll in einem Referendum am 20. Dezember abgestimmt werden.

Die Dramaturgin Maja Šorli (47) genießt in Slowenien eine gewisse Berühmtheit. Sie und ihre Partnerin waren 2010 eines der ersten lesbischen Paare mit Kind, das sich in der medialen Öffentlichkeit präsentierte. »Als unser erstes Kind in den Kindergarten kam, kannte man uns schon aus dem Fernsehen«, erzählt sie im Gespräch mit der Jungle World. In einer Vielzahl von Interviews und Bildstrecken wurde Šorlis Privat­leben gezeigt. Das erste Kind habe sie selbst ausgetragen. Es sei damals nicht leicht für ihre Partnerin gewesen, das Kind zu adoptieren. Als diese 2013 das zweite Kind gebar, verlief das Adoptionsverfahren unkomplizierter. Šorli lebt mit ihrer Frau in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. »Wir wollten uns damit gegenseitig zeigen, dass wir es ernst miteinander meinen. Eine echte Ehe wäre natürlich besser.«

Dass dies möglich sein soll, hatte das slowenische Parlament bereits Anfang März mit großer Mehrheit beschlossen. Die Oppositionspartei Vereinigte Linke (ZL) hatte den Antrag für die Öffnung der Ehe eingebracht, der von der Regierungskoalition unter Ministerpräsident Miro Cerar von der liberalen SMC (Partei des modernen Zentrums) und Teilen der Opposition unterstützt worden war. Im Gesetzentwurf wurde die Ehe neu definiert als Bund zwischen zwei erwachsenen Personen, also nicht ausschließlich zwischen Mann und Frau. Dadurch genießen gleichgeschlechtliche Ehepartner die gleichen Rechte wie heterosexuelle. Eingetragene Lebenspartnerschaften sind in Slowenien seit 2006 erlaubt, diese sind jedoch rechtlich schlechtergestellt als die Ehepartner. Von dem neuen Gesetz haben gleichgeschlechtliche Paare allerdings noch nicht Gebrauch machen können.
Bereits kurz nach dem Parlamentsbeschluss begannen katholische und konservative Gruppen, Unterschriften für ein Referendum über die Rechtmäßigkeit der Öffnung der Ehe zu sammeln. Das Bündnis »Es geht um die Kinder«, das der rechten Oppositionspartei SDS (Slowenische Demokratische Partei) nahesteht, behauptet, die Adoption durch Homosexuelle gefährde das Kindeswohl. Schnell hatte die Initiative weit mehr als die erforderlichen 40 000 Unterschriften zusammen. Während die Homophoben noch Unterschriften sammelten, versuchten einige Abgeordnete mit einer Resolution zu verhindern, dass ein derartiger Volksentscheid stattfindet, da er gegen in der Verfassung verankerte Rechte verstoße. Die Ehe zwischen zwei erwachsenen Menschen sei ein Grundrecht, argumentierte die Regierung. Nach einer Verfassungsänderung von 2013 darf es keine Referenden geben, die Grundrechte verletzen. 2012 musste eine geplante Reform des Familienrechts, durch die gleich­geschlechtliche Paare mehr Rechte bekommen hätten, nach einem Referendum zurückgezogen werden.

Die Resolution wurde zwar mit deutlicher Mehrheit angenommen, doch das homophobe Bündnis zog vor das Verfassungsgericht. Ende Oktober urteilte das Gericht, dass das Parlament nicht befugt sei zu entscheiden, dass ein Referendum verfassungswidrig ist. Ob dies bei dem geplanten Referendum der Fall sei, entschied das Gericht jedoch nicht. Anfang November legte das Parlament fest, dass die Volksabstimmung am 20. Dezember stattfinden soll. Wenn mindestens 20 Prozent aller Wahlberechtigten daran teilnehmen und die Mehrheit gegen das im März verabschiedete Gesetz stimmt, steht es schlecht um die Heiratspläne vieler Schwuler und Lesben.
Mehr als die Hälfte der slowenischen Bevölkerung unterstützt Umfragen zufolge zwar die Öffnung der Ehe, doch Diskriminierung gegen Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle (LGBT) ist weitverbreitet. Viele Menschen zeigten ihre Homosexualität kaum öffentlich, so Šorli. Nur einige wenige Künstler würden sich outen und Transpersonen seien medial unterrepräsentiert. Es gebe nur wenige Cafés und Bars für LGBT in der Hauptstadt Ljubljana und in der zweitgrößten Stadt Maribor. Auf dem Land gebe es kaum Treffpunkte für LGBT, die Vernetzung finde vor allem im Internet statt.

LGBT-Organisationen haben eine Kampagne für die »Ehe für alle« gestartet. Sie arbeiten hart daran, die slowenische Bevölkerung für sich zu gewinnen. In ihren Interviews mit lesbischen und schwulen Paaren lautet der Tenor: »Wir sind wie ihr, von uns geht keine Gefahr aus.« Šorli konstatiert, dass diese Selbstdarstellungen versuchen, das Publikum vor allem emotional zu erreichen. Alternative Identitätskonzepte, etwa Transgender, würden derzeit ausgeklammert, um die Debatte simpel und zugänglich zu halten. Zuvor sei der Diskurs bereits vielfältiger gewesen, meint Šorli. Ein positiver Nebeneffekt der Debatte sei aber, dass es immer mehr Menschen gebe, die sich outen und zu ihrer Homosexualität stehen. Sie selbst habe sich noch nicht im gesamten Umfeld persönlich geoutet. Durch die Beiträge über ihre Familie ist sie aber bereits vielen Menschen bekannt.
»Ich erwarte, dass wir gewinnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich so viele Menschen von der Gegenkampagne blenden lassen«, sagt Šorli. Und falls doch? »Wenn die Gegner die Mehrheit haben, wollen LGBT-Aktivisten gegen jeden einzelnen Artikel des Eherechts beim Verfassungsgericht klagen. Eine Gleichstellung soll somit schleichend erreicht werden.« Ihr seien soziale Sicherheit und ein Steuerrecht wichtig, das sie und ihre selbständig arbeitende Partnerin genau gleich behandelt wie verheiratete heterosexuelle Paare. Für ihre Kinder wünscht sie sich, dass der Status der Beziehung ihrer Eltern offiziell anerkannt wird, damit diese im Kindergarten und in der Schule weniger Diskriminierung erfahren.