Informationskompetenz sollte Schulfach werden

Unkritische Enten

Von Ivo Bozic

Informationen kritisch zu bewerten und einzuordnen,
muss gelernt werden. Die Vermittlung von Informations­kompetenz sollte Teil des Bildungskanons sein.

Nein, man muss kein Kulturpessimist sein, um zu sehen, dass da gerade etwas völlig schiefläuft. Im Gegenteil: Man darf keiner sein! Denn eigentlich ist das ja ganz wunderbar. Das Internet und vor allem seine ständige Verfügbarkeit über das Smartphone haben dazu geführt, dass ein Menschheitstraum, eine phantastische Science-Fiction-Vision wahr geworden ist: das Schlaue Buch des Fähnleins Fieselschweif, in dem Tick, Trick und Track zu jeder Zeit auf der Stelle alles nachschlagen können, ja, alles. Doch wie wird diese technologische Revolution genutzt?
»Woher hast du denn diese Info?« – »Stand im Internet.« Dieser Dialog steht sinnbildlich für den Umgang mit dem Wissen, das allen heute zur Verfügung steht. So schön es ist, dass man sich nicht auf die ARD allein verlassen muss und mal eben mit zwei Klicks bei Russia Today hineinschauen kann, um zu sehen, was die so sagen – irgendjemand muss den kleinen und großen Kindern beibringen, dass sie die Quellen und auch jede einzelne Information kritisch hinterfragen müssen und wie man das macht. Und auch, welche Verantwortung man trägt, wenn man Informationen im Netz weiterverbreitet.
Doch was fällt Lehrern und Eltern ein, wenn sie die Sorge haben, dass ihre Zöglinge mit dem Schlauen Buch nicht sinnvoll umgehen? Handyverbot. Das ist in etwa so sinnvoll, wie jemandem, der schlecht in Rechtschreibung ist, zu verbieten, einen Duden in die Hand zu nehmen. Informationskompetenz, Medienkompetenz, sprich: Informationskritik und Medienkritik – das sind Grunderfordernisse dieser Zeit. Da Eltern oft genug nicht in der Lage sind, sie zu vermitteln, müssen das andere übernehmen. Ein entsprechendes Schulfach ist überfällig. Lehrer sollten dazu ausgebildet werden. Auch Bibliotheken könnten hier eine wichtige Rolle übernehmen.
Nicht das Internet ist das Problem, die Kritiklosigkeit ist es. Auch der Umgang von Tick, Trick und Track mit dem Schlauen Buch ist vollkommen unkritisch. Unklar ist, wer all dieses Wissen im Pfadfinderhandbuch generiert hat, wer die Autoren waren, wer die wissenschaftliche Prüfung vornahm. Gerüchten zufolge soll es sich um eine gekürzte Zusammenfassung der Bibliothek von Alexandria handeln, was doch schon recht unglaubwürdig erscheint. Doch selbst wenn dem so wäre, ist dies ja kein Garantie dafür, dass die Informationen richtig sind. Wer ist da V.i.S.d.P.? Die Bibliothek brannte bereits vor 2 000 Jahren aus, damals dachte man noch, dass die Sonne um die Erde kreise. Trotzdem hinterfragen die drei angeblich so schlauen kleinen Enten ihre Quelle niemals. Das Erfordernis, Medien kritisch zu lesen, bestand immer schon. Das Internet hat nur die Zahl der Informationen und Quellen vervielfacht und die ungeprüfte Weitergabe von Informationen vereinfacht. Die »Lügenpresse«-Schreier haben zumindest damit Recht, den Massenmedien nicht blind zu vertrauen. Sie haben nur leider nicht die leiseste Vorstellung davon, was eine vertrauenswürdige Quelle ausmacht. Was sie fälschlich für Kritik halten, ist Verschwörungstheorie. So glauben sie einfach, was im Gegensatz zur herrschenden Meinung steht. Und so dreht sich für sie die Sonne wieder um die Erde.