Die SPD plant eine Rentenreform

Kampf den Überalterungsbrennpunkten

Kleckerrente, Altersarmut, Trockenbrot bis zum Tod – das soll neuen Berechnungen zufolge ab dem Jahr 2030 der Hälfte aller Rentner drohen. Doch zum Glück nimmt sich die deutsche Sozialdemokratie des Problems an.

»Viel zu viele Menschen haben in den letzten 20 Jahren zu wenig verdient. Wenn das Rentenniveau weiter sinkt, droht ihnen Altersarmut.« Ob der 56jährige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, dem vor einigen Tagen diese Erkenntnis kam, bereits an beginnender Altersdemenz leidet, lässt sich per Ferndiagnose selbstverständlich schlecht feststellen. Zumindest scheint ihm aber entfallen zu sein, dass vor bald 13 von diesen 20 Jahren die »Agenda 2010« in Kraft trat und welche Partei für dieses in Gesetzesform gegossene Lohndumping verantwortlich ist. Jedenfalls sieht Gabriel angesichts der Entwicklung des Rentenniveaus Handlungsbedarf und kündigte – nein, nicht etwa Maßnahmen gegen prekäre Arbeitsverhältnisse, sondern eine Rentenreform an, die die SPD auf den Weg bringen wolle. Genaueres ist offiziell noch nicht bekannt, aus Koalitionskreisen wurde dem Investigativrechercheteam der Jungle World jedoch ein Eckpunktepapier zugespielt.
Bekanntlich belasten Rentner den sozialen Zusammenhalt nicht nur durch den hohen Anteil von Grundsicherungsbedürftigen, sondern häufig auch durch ihre mangelnde Integration. Einige schotten sich von der Außenwelt ab und sitzen den ganzen Tag in muffigen Wohnungen vor dem Fernseher, andere bilden Parallelgesellschaften in Seniorentreffs und auf Kreuzfahrtschiffen. Auch darf nicht ignoriert werden, dass viele der heutigen Rentner aus einer demokratiefeindlichen und aggressiv antisemitischen Kultur stammen, ihre Verbundenheit mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung also nicht vorausgesetzt werden kann. All dem trägt das Papier der SPD Rechnung; so heißt es in der Einleitung: »Ziel des Gesetzes ist es, die Integration der (…) Menschen in die Gesellschaft (…) durch staatliche Maßnahmen zu fördern und zugleich von ihnen Eigenbemühungen einzufordern.«
Für Empfänger von Grundsicherung soll beispielsweise gelten, »dass die Leistungsberechtigten bei noch festzulegenden Integrationsmaßnahmen« – Informationen des Rechercheteams zufolge ist dabei etwa an Kurse im Pfand­sammeln, den Erwerb des Internetführerscheins und Ähnliches gedacht – »Mitwirkungspflichten treffen und dass die Ablehnung oder der Abbruch von Integrationsmaßnahmen ohne wichtigen Grund jeweils zu Leistungseinschränkungen (…) führt«.
Ein hoher Rentneranteil führt außerdem häufig zu einer regelrechten Ghettobildung. Man kennt diese ländlichen Regionen, aus denen längst alle die Flucht ergriffen haben, die noch halbwegs mobil sind. In den Städten wiederum bilden sich Überalterungsbrennpunkte in Seniorenwohnanlagen und Heimen, deren Bewohner zudem überdurchschnittlich stark pflegebedürftig sind. All das führt zu einer ungleichen Belastung der Kommunen, weshalb die Regierung gegensteuern will: »Zur Sicherstellung der Integration und zur Vermeidung von sozialen Brennpunkten (ist) eine gleichmäßigere Verteilung (…) erforderlich. Eine Verletzung der Wohnsitzzuweisung führt für die Betroffenen zu spürbaren Konsequenzen.«
Weitere Punkte sind Insidern zufolge noch strittig. So sei man sich zwar einig, dass nicht nur »Personen mit schlechter Bleibeperspektive« (sogenannte hohe Protomortalität), sondern auch renitente Rentner, die sich wiederholt ihrer Mitwirkungspflicht entziehen, leichter in osteuropäische Betreuungseinrichtungen abgeschoben werden sollen. Die genauen Kriterien sind jedoch noch unklar. Man darf aber davon ausgehen, dass die Koalition auch in dieser Frage eine Regelung finden wird, die eine klar sozialdemokratische Handschrift trägt.
Alle kursiv gesetzten Zitate entstammen dem »Eckpunktepapier Integrationsgesetz« des Koalitionsausschusses vom 13. April.