In Frankfurt am Main hat sich die Basisgewerkschaft »Unterbau« gegründet

Unmut im Unterbau

Lohndumping und Outsourcing gehören zum fragwürdigen Geschäftsmodell deutscher Universitäten. Um dies zu ändern, hat sich in Frankfurt am Main eine neue Basisgewerkschaft gegründet.

Lange haben Studierende und Beschäftigte an Universitäten nicht mehr mit Streiks auf sich aufmerksam gemacht. Das könnte sich ändern, zumindest in Frankfurt am Main. Dort hat sich in der vergangenen Woche eine Hochschulgewerkschaft gegründet, die sich Unterbau nennt. Dass es sich nicht um eines der vielen linken Hochschulprojekte handelt, die die Semesterfe­rien nicht überleben, zeigt schon der lange Vorlauf. Über ein Jahr lang hätten knapp 50 Beteiligte die Gründung vorbereitet, berichtet die Pressesprecherin von Unterbau, Anna Yeliz Schentke, im Gespräch mit der Jungle World. Ihr Kollege Manuel Müller betont, dass die neue Gewerkschaft basisdemokratisch organisiert sei, womit die Bürokratisierung verhindert werden solle. Damit unterscheide sie sich von den beiden DGB-Gewerkschaften Verdi und GEW, die im Bildungsbereich tätig sind. Zudem habe die neue Gewerkschaft ein Ziel, das über die reine Tarifpolitik hinausgeht. »Ziel ist eine Transformation der Universität, die nur durch ein Infragestellen der be­stehenden Machtstrukturen umsetzbar wird«, so Müller.
Schentke ergänzt, dass das Konzept von der basisdemokratischen Freien Arbeiterinnen- und Arbeiterunion (FAU) inspiriert sei. Die Gründung von Unterbau betrachten Schentke und Müller nicht als Versuch der Spaltung der bestehenden Gewerkschaften: »Wir machen lediglich Gebrauch vom Recht auf Gewerkschaftspluralismus und Koalitionsfreiheit, wie es allen Arbeitnehmern gesetzlich zusteht.« Sie wünschen sich eine Kooperation der Gewerkschaften. Tatsächlich haben sich bei Unterbau neben Mitgliedern von DGB-Gewerkschaften und der FAU auch Beschäftigte organisiert, die vorher noch keine Gewerkschaftsmitglieder waren.
Die Gründung der neuen Basisgewerkschaft ist ein Zeichen des Hegemonieverlusts der DGB-Gewerkschaften auch im Bildungsbereich. Der Arbeitsrechtler Rolf Geffken hat in einer 2015 erschienenen Broschüre mit dem Titel »Streikrecht, Tarifeinheit, Gewerkschaften« den Monopolanspruch des DGB kritisiert, der weder historisch noch politisch zu begründen sei. Geffken plädiert für eine Gewerkschaftseinheit in konkreten Arbeitskämpfen. Das kommt den Vorstellungen der Gründer von Unterbau sehr nahe.
Diese könnten über Frankfurt hinaus Nachahmer finden. Denn längst sind die Hochschulen zu Wissenschaftsunternehmen geworden, deren Verantwortliche beim Outsourcing und bei Dumpinglöhnen Pionierarbeit leisten. Davon sind Wissenschaftler, Dozenten und studentische Hilfskräfte ebenso betroffen wie das Reinigungspersonal und Beschäftigte in der Mensa. In Berlin sind es derzeit die Beschäftigten des zur Freien Universität gehörenden Botanischen Gartens, die soziale Forderungen auf dem Campus wieder zu Gehör gebracht haben und von studentischen Gruppen unterstützt werden (Jungle World 52/2015).
Dem Konzept von Unterbau zufolge sollten unterschiedliche Statusgruppen in einer Gewerkschaft kämpfen und, wenn nötig, gemeinsam die Hochschule bestreiken. Doch die Bereitschaft von Studierenden, sich zu organisieren, ist bisher nicht besonders hoch. Zudem gehen sie an der Universität keiner Lohnarbeit nach, es sei denn als Hilfskraft, was ihren Status fundamental von dem der Beschäftigten unterscheidet. Der von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten zur basisdemokratischen IWW übergewechselte Gewerkschafter Harald Stubbe kritisiert linke Studierende in seinem politischen Umfeld, »die immer überlegt haben, wen sie organisieren« könnten. In dem Buch »Dabei geblieben. Aktivistinnen erzählen vom Älterwerden und Weiterkämpfen« schreibt er: »Nur nicht sich selbst wollten sie organisieren. Obwohl sie alle prekäre Jobs hatten und viel weniger Risiko eingingen als eine Küchenhilfe, die davon leben muss.« Auch Studierende, die sich an einer von GEW und Verdi unterstützten Initiative für die Durchsetzung eines neuen Tarifvertrags für studentische Hilfskräfte an Berliner Hochschulen beteiligen, kritisierten das geringe Engagement ihrer Kommilitonen. Unterbau kann nun den Beweis antreten, dass eine basisdemokratische Gewerkschaft die Organisierungsbereitschaft erhöht.