Das Medium

Fressmaschinen

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Die Zeiten sind kompliziert, aber das waren sie im Grunde ja schon immer. Außer im Sommer, wenn das im deutschsprachigen Raum dazugehörige Loch begann (das interessanterweise in Norwegen Agurktid, Gurkenzeit, heißt) und man sich darauf verlassen konnte, dass nichts passierte. Hin und wieder wurde mal ein Urlauber von einem Hai aufgefressen oder mussten Leute bei rund 40 Grad im Schatten irgendwas mit viel Mayonnaise verspeisen, aber im Großen und Ganzen war das Sommerloch ­angefüllt mit Nachrichtenarmut. Und daher eine gute Chance für freie Journalisten, Artikel über in Redaktionen gern »ab­seitig« genannte Themen zu verkaufen, aber das ist eine andere Geschichte.
Das Sommerloch ging so: Man konnte in Ruhe in irgendeiner abgelegenen Gegend an einem hübschen Meer Urlaub machen, ohne das Gefühl zu haben, die Welt dauerüberwachen zu müssen, damit sie nicht untergeht, ohne dass man was davon mitbekam. Es reichte, wenn man alle zwei, drei Tage an einem Zeitungskiosk vorbeispazierte, um anhand der Schlagzeilen festzustellen, dass a) die Welt sich nach wie vor in einem beruhigend tiefen Sommerloch befand und b) die Menschheit die Sache mit der Mayonnaise und den heißen Temperaturen nie lernen würde. Und natürlich, dass es gut war, nicht irgendwo hingefahren zu sein, wo es Haie gab. Über die konnte man sich, wenn einem danach war, auch Sorgen machen, denn mancherorts wurden ­Artikel über von ihnen gegessene Menschen mit kleinen Berechnungen versehen, wann ungefähr, anhaltende Erderwärmung ­vorausgesetzt, die beflossten Fressmaschinen auch die Küsten der abgelegenen Gegend am hübschen Meer erreichen würden und der dort ansässigen Feuerqualle als gemeinstes Tier im Wasser Konkurrenz machten. Kompliziert waren die Zeiten damals trotzdem, aber im Sommer war Pause.