Homestory

<none>

Drrrrrrr, schrrrmpf, schrrrmpf, klonk, bumm, klonk, bumm, klonk, bumm, klonkbumm. So geht das den ganzen Tag. Nein, es ist nicht die Feuilleton-Redaktion, die ihre Kolleginnen und Kollegen freundlicherweise mit dem neusten Werk der angesagtesten Avantgardemusikerin beschallt und auch nicht Lady Gaga. Es ist das Tonstudio. Das noch nicht fertige. Es wird gerade unter unseren Redaktionsräumen gebaut. Wenn es fertig ist, hört man hier dann hoffentlich keine solchen Töne mehr. Zuvor ging es ja auch oft bumm, dmpf, bumm, dmpf, bummdmpf. Das war das Kampfsportstudio. Es ist vor kurzem ausgezogen. Jetzt bedeckt feiner Staub das ganze Treppenhaus und kalkweiße Fußspuren ziehen sich in alle Redaktionsräume. Aus dem Aufzug steigen staubbedeckte Männer mit Schubkarren voll Schutt. Sie müssen stets grimmig sein, Freundlichkeit wäre ob der schweren Arbeit, die sie verrichten, wohl unangebracht. Einmal guckten sie dann doch etwas freundlicher und fragten, ob sie wohl unsere Abwasserrohrwege erkunden dürften. Unten gab es nämlich einen Rohrbruch. Das führte auch hier oben zu Problemen, denn die Spülmaschine durfte nicht eingeschaltet werden. Wir leiden mit ihnen.
So ist das offenbar mit der schöpferischen Zerstörung. Wer schöne Töne will, muss erst schlimmen Lärm und Entbehrungen ertragen. Uns geht es ja auch so bei der Arbeit. Wer schöne Texte will, muss sich erst durch schlimme Nachrichten und stilistische Entbehrungen wühlen. Da entsteht dann auch viel Schutt und Abraum, die ganze Redaktion quillt über vor ausgedruckten Seiten – ja, es wird noch gedruckt in dieser quasi digital-native-freien Höhle. Doch ein Gutes hat dieses haptische Arbeiten: Wenn es zum Katastrophenfall kommt, wir das Gebäude nicht verlassen dürfen und Stromleitungen und Mobilfunknetze tot sind, haben wir genug Papier, um uns hier wochenlang zu beschäftigen: Lesen, Kokons basteln, Feuerchen entzünden. Und dank der Essensreste, die in der Küche und auf ungespültem Geschirr überall zu finden sind, müssen wir auch nicht hungern. Der Zapatisten-Kaffee wird einfach roh geknabbert, die Fisch- und Chilisoße im Überfluss verhilft zu kleinen psychedelischen Eskapaden. Das Trinkwasser könnte knapp werden, dafür stehen aber noch jede Menge H-Milch-Kartons herum und in Milch zu baden, soll ja auch gut für die Haut sein. Hoffentlich sind die Bauarbeiter unter uns aber schon fertig mit dem Umbau, wenn es zum Katastrophenfall kommt. Diesen Lärm könnten wir selbst in unseren gemütlichen Papierkokons nicht lange ertragen.