Israelfeindliche Gruppen auf dem Fusion-Festival

Das ist nicht der Ferienkommunismus

Auf dem Fusion-Festival fanden dieses Jahr Workshops mit Beteiligung israelfeindlicher Gruppen statt.

»Eine Parallelgesellschaft der ganz speziellen Art«, schreiben die Veranstalter über das Fusion-Festival, das auf einem alten sowjetischen Flugplatz in Lärz bei Neustrelitz im südlichen Mecklenburg stattfindet. Es gilt als eines der größten linken Festivals in Deutschland. Unter dem Motto »Ferienkommunismus« können die etwa 70 000 Besucherinnen und Besucher neben dem Programm aus Musik, ­Performances und Kino auch ein vielfältiges Workshop-Angebot nutzen. Doch zwischen Programmpunkten wie »Bodypainting« und einem »schamanistischen Intensivworkshop« zum Auffinden »verloren geglaubter Seelenanteile« wurden diesmal auch Veranstaltungen mit Anhängern der BDS-Bewegung angeboten.

Die von dem Kulturkollektiv »Arab Underground« veranstalteten Workshops auf der diesjährigen Fusion stießen zwar auf Kritik, ein größerer Aufschrei blieb jedoch bislang aus.

BDS, kurz für »Boycott, Divestments and Sanctions«, ist eine israelfeindliche Kampagne, die auf einen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Boykott Israels abzielt. Kritiker werfen BDS schlicht Antisemitismus vor, weil die Kampagne letztlich eine grundsätzliche Delegitimierung Israels betreibe.

Die von dem Kulturkollektiv »Arab Underground« veranstalteten entsprechenden Workshops auf der diesjährigen Fusion stießen zwar auf Kritik, ein größerer Aufschrei blieb jedoch bislang aus – trotz der öffentlichen Ankündigung und der eindeutig erkennbaren Ausrichtung der Workshops. Eingeladen zu einer Podiumsdiskussion mit dem Titel »Cultural Boycott of Israel in Germany« waren beispielsweise Samir Eskanda, dem Workshop-Reader zufolge weltweit beteiligt an BDS-Boykott-Akti­onen, sowie Vertreter der Gruppe »Jewish Antifa Berlin«, die sich zu BDS und der antiisraelischen Kampagne »Berlin against Pinkwashing« bekennt. Eskanda, ein in London lebender palästinensischer Musiker, sprach jüngst auf Twitter von durch Israel begangenem »systematischem Mord« an palästinensischen Flüchtlingen, die in Häuser zurückzukehren versuchten. Den Widerspruch, auf einem Festival mit mehreren Zehntausend Teilnehmern eine Bühne dafür zu bekommen, um über »die schrumpfenden Räume für Solidarität mit dem Befreiungskampf der Palästinenser« zu sprechen, erkannte die »Jewish Antifa Berlin« in ihrer Ankündigung der Veranstaltung offenbar nicht und frohlockte stattdessen, man freue sich »riesig über die Zusammenarbeit mit Arab Underground«.

Weniger erfreut zeigte sich unter anderem die Gruppe »Konsensnonsens« aus Potsdam, die ein Flugblatt mit dem Slogan »Nein, nein, das ist nicht der (Ferien-)Kommunismus« verteilte und dabei von Einzelpersonen unterstützt wurden. Spontan fanden sich Berichten von Fusion-Teilnehmern zufolge etwa zwei Dutzend Gegendemonstranten ein, die in Sichtweite der Veranstaltung mit Israel-Fahne protestierten. In ihrem Flyer kritisierte die Gruppe die BDS-Kampagne, deren »Strukturprinzip der antizionistische Antisemitismus« sei.

BDS gehe es nicht um eine Verbesserung der Situation der paläs­tinensischen Zivilbevölkerung, sondern um eine Dämonisierung Israels. Dass Palästinenser selbst in israelischen Unternehmen arbeiten und ebenso von den Boykottaufrufen betroffen sein könnten, scheine nicht in »die dichotome Auffassung der Situation im Nahen Osten« zu passen. Es sei »bedauerlich, wenn auch symptomatisch«, dass linke Räume »durch den Ausfall der Reflexion immer mehr zu einem reaktionären Sumpf verkommen«. Auf eine Anfrage der Jungle World mit der Bitte um eine Stellungnahme reagierten die Festivalveranstalter, der Verein »Kulturkosmos« aus Lärz, bis Redaktionsschluss nicht.