Schmuggel von kubanischen Baseballspielern

Menschenhandel für die Major League

Donald Trump widerruft Obamas Kubapolitik. Was das bedeutet, zeigt sich derzeit im Baseball: Junge Talente aus Kuba müssen sich an mexikanische Drogenkartelle verkaufen, um in der Major League spielen zu können.

Der US-amerikanische Präsident ­Donald Trump widerrief in der vergangenen Woche einige Lockerungen in der Kuba-Politik, die sein Vorgänger Barack Obama beschlossen hatte. Das hat auch Auswirkungen im Sport: Die Regelungen hatten es kubanischen Baseballspielern ermöglicht, legal in der US-Profiliga Major League Baseball (MLB) zu spielen.

Schwarzmarkt für Baseballspieler: Schleuser organisieren die Flucht talentierter Spieler.

Erst im Dezember hatten die MLB und Kubas Baseballverband nach drei Jahren Verhandlungen eine Übereinkunft geschlossen. Sie sollte helfen, den modernen Menschenhandel mit kubanischen Sportlern zu beenden. Demnach hätten US-Clubs kubanische Spieler, die älter als 25 Jahre sind und sechs Jahre Erfahrung in der heimischen Liga vorweisen können, legal verpflichten können. Kubas Verband hätte im Gegenzug pro Spieler eine vom Vertrag abhängige Ablösesumme zwischen 15 und 25 Prozent erhalten. Die MLB hat ähnliche Vereinbarungen mit anderen ausländischen Ligen wie der japanischen und der südkoreanischen getroffen.

»Es macht mich so glücklich, dass junge Spieler aus Kuba nicht erleben werden, was wir ertragen mussten«, hatte Yasiel Puig, der bekannteste kubanische Spieler der MLB, anlässlich des Abschlusses der Vereinbarung gesagt. Puig ist einer jener Athleten in der Liga, die auf abenteuerlichen Wegen in die USA gelangten. Das Helms-Burton-Gesetz, eine 1996 in Kraft getretene Verschärfung der Blockadepolitik, untersagt allen US-Unternehmen, also auch der MLB, jedwede kommerzielle Verbindung mit Kuba. Um in den USA spielen zu können, müssen sich kubanische Spieler zuvor in einem Drittland niederlassen und alle Verbindungen nach Kuba abbrechen. Erst dann dürfen sie von einem US-Verein angestellt werden – eine Regelung, die nur für Kubaner gilt.

So entstand ein regelrechter Schwarzmarkt für Baseballspieler. Schleuser organisierten die Flucht talentierter Spieler. An Puigs Emigration aus Kuba im Jahr 2012, die erst im fünften Anlauf per Schnellboot gelang, soll das als besonders brutal geltende mexikanische Drogenkartell Los Zetas beteiligt gewesen sein – für Anteile an seinem ersten Vertrag, der mit 42 Millionen US-Dollar dotiert war. Wie Puig gelangten Hunderte junger Talente und gestandener Spieler in den vergangenen Jahren in die USA.

Im Januar schrieb die MLB einen Brief an die US-Regierung, in dem sie die Intentionen hinter der Vereinbarung mit dem kubanischen Verband detailliert darlegte. Vorrangig gehe es darum, »den Menschenhandel zu vermeiden, unter dem die Spieler normalerweise leiden, wenn sie Kuba verlassen, und die harten Bedingungen, die sie für Verträge in der Major League durchstehen müssen«, hieß es in dem Schreiben. Aufgeführt wurden exemplarisch die Fälle von Yasiel Puig, Yoan Moncada, José Abreu und Yoenis Céspedes.

Der Washington Post sagten Funktionäre der MLB, sie hätten seit der Unterzeichnung der Vereinbarung im Dezember häufig in Kontakt mit Regierungsvertretern gestanden. Diese hätten ihnen versichert, die vom US-Finanzministerium noch unter Obama erteilte Genehmigung sei weiterhin gültig. Erst vor wenigen Tagen veröffentlichte Kubas Baseballverband eine Liste mit 34 jungen Spielern, die von MLB-Clubs verpflichtet werden könnten, obwohl sie die in der Vereinbarung festgelegte Altersgrenze beziehungsweise die Anzahl gespielter nationaler Meisterschaften noch nicht erreicht hatten. Man wolle die Bestimmungen der Vereinbarung verwirklichen, hieß es von kubanischer Seite.

Kuba soll unter Druck gesetzt werden, seine Unterstützung für Maduro in Venezuela aufzugeben. 

Doch dazu wird es nun nicht mehr kommen. Der US-Regierung zufolge verstößt das Übereinkommen zwischen den beiden Baseballverbänden gegen US-Gesetze, denn der kubanische Verband unterstehe der Regierung, weshalb Geschäfte mit ihm untersagt seien. Die Regierung Obamas hatte noch die Unabhängigkeit des Verbands festgestellt und damit den Weg für die Vereinbarung geebnet. Sie hätte in Wirklichkeit den Handel mit kubanischen Spielern institutionalisiert, behauptet dagegen die derzeitige US-Regierung; auch mit der MLB-Vereinbarung würden die Spieler weiterhin gehandelt – statt durch Schleuser durch die kubanische Regierung. »Die Vereinigten Staaten unterstützen keine Maßnahmen zur Institutionalisierung eines Systems, durch das eine kubanische Regierungsinstitution die Gehälter hart arbeitender Sportler kassiert, die nur in einer freien Gesellschaft leben und arbeiten wollen«, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Garrett Marquis. Die Regierung hoffe, mit der MLB zusammenzuarbeiten, um »Wege zu finden, damit die kubanischen Spieler die individuelle Freiheit haben, von ihrem Talent zu profitieren, und nicht als Eigentum des kubanischen Staates«.

Die Aufhebung der Übereinkunft ist Teil eines größeren geopolitischen Machtspiels. Kuba soll unter Druck gesetzt werden, seine Unterstützung für die Regierung von Nicolás Maduro in Venezuela aufzugeben. Am Wochenende, bevor der MLB-Deal gekippt wurde, twitterte der Nationale Sicherheitsberater John Bolton: »Kuba möchte seine Baseballspieler als wirtschaftliche Spielfiguren einsetzen – es verkauft ihre Rechte an die Major League Baseball. Amerikas nationaler Zeitvertreib sollte dem kubanischen Regime nicht die Unterstützung Maduros in Venezuela ermöglichen.«

Erst kürzlich hatte Bolton von der »Troika der Tyrannei« gesprochen, zu der er neben Venezuela und Kuba auch Nicaragua zählt. Die drei Staaten, die er auch als die »drei Stooges des Sozialismus« bezeichnet, unterdrückten ihre Bevölkerung und seien ein Hort regionaler Instabilität.

Anfang März aktivierte die US-Regierung eine zuvor suspendierte Klausel des Helms-Burton-Gesetzes. Nun können kubanische Unternehmen, die nach der Revolution beschlagnahmten und verstaatlichten Besitz nutzen, vor US-Gerichten auf Schadensersatz verklagt werden. Unternehmen anderer Länder sind davon noch bis Ende April ausgenommen, danach könnte es auch sie treffen. Zudem verhängte die US-Regierung vergangene Woche Sanktionen gegen Schifffahrtsunternehmen sowie die Betreiber mehrerer Öltanker, die im Auftrag des staatlichen venezolanischen Ölkonzerns PDVSA Öl von Venezuela nach Kuba transportieren.

»Unerklärlich« nannte Kubas Außenhandelsminister Rodrigo Malmierca Díaz die Aufhebung der Vereinbarung zwischen der MLB und dem kubanischen Verband. »Sie ziehen den Menschenhandel dem normalen Sportbetrieb vor. Der Hass macht sie blind. Es scheint, dass die Mafia von Miami in Washington regiert. Was für eine Schande«, twitterte er in Anspielung auf den republikanischen Senator Floridas, Marco Rubio, der sich bereits im Dezember gegen die Vereinbarung ausgesprochen hatte und als eine der entscheidenden Personen hinter der neuen Kuba-Politik der USA gilt. Auch der kubanische Präsident Miguel Díaz-­Canel kritisierte die Entscheidung der US-Regierung.

Ben Rhodes, der als stellvertretende Sicherheitsberater unter Obama tätig und maßgeblich an der Annäherung der beiden Staaten beteiligt war, bezeichnete die Entscheidung der Regierung Trump als »grausam und keinem Zweck dienlich«. Es handle sich um ein »humanitäres Problem für diese kubanischen Spieler und ihre Familien«.

»Die Übereinkunft mit der MLB versucht, Menschenhandel zu beenden, Kooperation zu fördern und das Niveau des Baseball anzuheben. Jede gegenteilige Behauptung ist fake news. Politisch motivierte Angriffe gegen das erzielte Abkommen schaden den Athleten, ihren Familien und den Fans«, ließ der kubanische Baseballverband verlauten. Auch die MLB veröffentlichte eine Stellungnahme. »Wir stehen weiterhin zum Ziel der Übereinkunft, den Menschenhandel mit Baseballspielern aus Kuba zu beenden«, hieß es darin.

Für James Williams, den Leiter von Engage Cuba, einer nicht parteigebundenen US-Lobbyorganisation, die sich für die Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Kuba einsetzt, ist die Entscheidung der Regierung Trump »ein zynischer, grausamer und unnötiger Akt, der darauf abzielt, den Stimmenblock derer zufriedenzustellen, die mit einer 60 Jahre lang geschei­terten Isolationspolitik fortfahren wollen«.