Die preisgekrönte Reportage

Hände hoch, ihr Kommunisten!

Kolumne Von Leo Fischer

Rainer Maria W. ermittelt.

Es ist eine harte Zeit für Rainer Maria W. Lange Zeit als Innenexperte, Talkshow-Hansel oder Statistikinterpret gehandelt, hat Deutschlands müßigster Polizist (elf Jahre krankgeschrieben) derzeit ganz andere Sorgen: »Kommunisten haben verhindert, dass ich Staatssekretär werden durfte! Schuld sind die Kanzler-Kommunistin, die Journalisten-Kommunisten und wahrscheinlich auch die vielen Kommunisten in der CDU! Habe ich mir dafür jahrelang den Arsch bei Maybritt Illner plattge­sessen?« Nachdem ihm der Posten quasi in den Schoß gefallen war, sorgt sich W. nun um die Zukunft Deutschlands: »Das alles spielt nur der AfD in die Hände! In der bin ich zwar ideologisch, programmatisch und modisch komplett zu Hause, aber Mitglied bin ich noch nicht. Wenn mich die Kommunisten jetzt zum Parteieintritt zwingen, ist das auch Merkels Schuld!«

Wer W. heute trifft, begegnet einem ungebrochenen Idealisten. Beim ­Bäcker holt er sich einen Zimt-Wuppi, lässt das Wechselgeld nachzählen: »Polizeiliche Erfahrung! Bäckereifachverkäufer sind für nahezu 68 Prozent aller Kleingeldfälschungen ­verantwortlich. Darüber muss man offen reden!« Um uns im Cafébereich Platz zu schaffen, zückt er seinen Micky-Maus-Detektivausweis (mit Hologramm): »Polizeiliche Ermittlungen! Alle die Hände hoch. Ich muss diesen Journalisten hier auf Kommunismus untersuchen.« W. spült das hastig hineingeschlungene Zimtgebäck mit brühendheißem Kaffee hinunter, wird knallrot im Gesicht, lockert sich den Kragen: »Verdammte Kommunisten!«

Wenig später geht es um seine politischen Ambitionen. »Ich hätte als Staatssekretär sehr viel Gutes für Sachsen-Anhalt bewirken können, dieses Bonbon unter den Bundesländern! Natürlich wäre ich erst mal elf Jahre lang nicht zur Arbeit gegangen, hätte dafür in vielen Fernsehsendungen und Aufsichtsräten für das Bundesland Sachsen-Holstein geworben. Und natürlich für den guten Ruf der Polizei!« Vorwürfen, er vertrete nur eine winzige Spartengewerkschaft, weicht er gekonnt durch Drohungen aus: »Wo kommen wir hin, wenn wir anfangen, Polizei­gewerkschaften in Zweifel zu ziehen? Am Ende wollen Sie mir noch ein­reden, dass sich Polizisten an Ge­setze halten müssen! Wer die Gesetze durchsetzt, sollte selbst durch sie nicht eingeschränkt sein!« Fest steht: W. wird uns noch viele Jahre in ­mediale Beugehaft nehmen.