Internationale NGOs und Menschenrechtler ergreifen Partei gegen Israel

Helden des Wider­stands

<p>Die Uno genießt in Israel keinen guten Ruf. 2019 gaben 65 Prozent aller Israelis in einer repräsentativen Umfrage an, ein sehr negatives Bild der Vereinten Nationen zu haben.</p>

Die Uno genießt in Israel keinen guten Ruf. 2019 gaben 65 Prozent aller Israelis in einer repräsentativen Umfrage an, ein sehr negatives Bild der Vereinten Nationen zu haben. So ist Israel ist der Staat, der von den UN mit großem Abstand am häufigsten verurteilt wird, weit vor Ländern wie Nordkorea, Iran, Saudi-Arabien, Eritrea oder Syrien. Der UN-Menschenrechtsrat verurteilte Israel laut dem Portal »Statista« in 15 Jahren 90 Mal, die »Menschenrechtssituation in Palästina und anderen besetzten arabischen Gebieten« ist sein einziger permanenter landesspezifischer Tagesordnungspunkt. Beim jüngsten Treffen des Rats verurteilten vier von 13 landesspezifischen Resolutionen Israel, während Iran, Syrien, Südsudan, Myanmar, Belarus und Nordkorea je eine Resolution gewidmet wurde.

Seit Mitte Mai haben eine Reihe von UN-Beamten offizielle Resolutionen anlässlich des Kriegs gegen die Hamas bekanntgegeben. Fünf Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrats verabschiedeten am 18. Mai eine Resolution, die Israels Luftschläge auf Ziele im Gaza-Streifen als »wahllose und unverhältnismäßige Angriffe auf Zivilisten« bezeichnet, die »wahrscheinlich Kriegsverbrechen« seien. Die Raketenangriffe der Hamas, die nicht namentlich genannt wird, seien »unverantwortlich«, sie »könnten Kriegsverbrechen gleichkommen«.

Kurz nach Abschluss des Waffenstillstands forderten neun UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechtsangelegenheiten, dass sich der Internatio­nale Strafgerichtshof mit möglichen Kriegsverbrechen und anderen Verbrechen, die »zu dem Konflikt beigetragen haben« und möglicherweise als »Apartheid« zu gelten hätten, befassen solle. Der »Funke«, der den Krieg aus­gelöst habe, seien Zwangsräumungen in Ostjerusalem gewesen.

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) ordnete Anfang dieses Jahres auf Antrag der palästinensischen Autonomiebehörde eine Untersuchung von Verbrechen in den von Israel besetzten Gebieten an. Seither veröffentlichten NGOs eine Vielzahl von Berichten, die bei den Ermittlungen helfen sollen. Internationale Resonanz fand etwa ein Papier von Human Rights Watch (HRW), das dem IStGH nahelegt, Israel wegen »Verbrechen gegen die Menschheit«, speziell »Apartheid« und »Verfolgung« von Palästinensern, anzuklagen. Auf der Grundlage von Berichten der israelischen NGO B’Tselem argumentiert HRW, dass Israel die »Intention« habe, über Palästinenser als ethnische Gruppe die »Herrschaft aufrechtzu­erhalten«, und dafür »unmenschliche Akte« vollbringe. Der Bericht empfiehlt der palästinensischen Autonomiebehörde, ihre Kooperation mit Israel in Sicherheitsfragen vollständig zu beenden. Außerdem fordert er ein Ende der Einreisekontrollen von und nach Gaza, die Niederlassungserlaubnis in Israel für die mehr als fünf Millionen Nachfahren der 1948 Geflüchteten, Sanktionen gegen israelische Regierungsmitglieder sowie die Einrichtung weiterer UN-Stellen, die sich speziell mit Israel befassen.

Andere Organisationen gingen in den vergangenen Wochen noch weiter. Am 19. Mai veröffentlichte der internationale Instagram-Account von Fridays for Future (FFF) einen Post, der den jüdischen Staat für die Eskalation der Gewalt verantwortlich macht und einen Boykott fordert. In martialischer Rhetorik wird darin der palästinensischen »Märtyrer« gedacht: »Die Gewalt und der Verlust von Leben sind eine Tragödie und ihr Blut (das der »Märtyrer«, Anm. d. Red.) wird nicht vergessen werden. Mögen aus, NGO den Erinnerungen daran ein Segen und eine Revolution werden.« Nur die deutsche Sektion von FFF distanzierte sich von diesem Post.

Ähnlich verhielt es sich mit der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF). Jonathan Whittall, ein Mitarbeiter der belgischen Sektion, der als Director of the Analysis Department for MSF auftritt, veröffentlichte auf der Seite des Nachrichtensenders al-Jazeera zusammen mit Jehan Bseiso, der Leiterin der libanesischen MSF-Sektion, einen Artikel, in dem sie Israel eine mehr als 70 Jahre währende »Militärbesatzung« vorwerfen. »Die Krankheit des Siedlerkolonialismus und der Apartheid«, so der Ti­tel des Textes, müsse bekämpft werden, um das Leid der Palästinenser zu beenden. Die deutsche Sektion distanzierte sich auf Nachfrage der Jungle World von den Aussagen der Mitarbeiter und verwies auf die dezentralisierte Form der Organisation: Die Autoren sprächen nicht für die gesamte Organi­sa­tion. Die belgische Sektion reagierte bis Redaktionsschluss nicht auf Anfragen.

Partei gegen Israel ergriffen in den ver­gangenen Tagen auch viele Menschenrechtler, zum Beispiel die pakistanische Friedensnobelpreisträgerin ­Malala Yousafzai, die Israel in einem Video »Verbrechen gegen die Menschheit« vorwarf. Einen Eklat wiederum löste eine Diskussionsrunde am 14. Mai aus, bei der Andreas Malm, ein schwedischer Humanökologe und Autor linker klimapolitischer Bücher, »die Helden des Widerstands in Gaza«, »angeführt von Mohammed Deif«, dem militärischen Anführer der Hamas, lobte und als »globales Modell« für politischen Kampf bezeichnete. Israel nannte er eine »zionistische Entität«, deren Politik sich auf dem Weg befinde, den die protogenozidale Rechte beschritten habe. Als der Philosoph Anselm Jappe dies nicht hinnehmen wollte, reagierte Malm mit dem Kommentar: »Du bist Deutscher, oder?«