Die Grünen in Baden-Württemberg haben einem AfD-Kandidaten zum Amt eines stellvertretenden Verfassungsrichters verholfen

Noch ein Dammbruch

Die Grünen haben in Baden-Württemberg einen AfD-­Kandidaten für den Verfassungsgerichtshof durchgewinkt.

Die Meinungen gehen auseinander: Die Grüne Jugend, die Grünen-Bundestagsabgeordneten Cem Özdemir und Renate Künast, die SPD und die Linkspartei kritisierten den Vorgang scharf; Winfried Kretschmann dagegen, Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident, zeigte Verständnis. Im dritten Anlauf hat der Landtag Baden-Württembergs Bert Matthias Gärtner, den Kandidaten der AfD, als stellvertretenden Laienrichter in den Verfassungsgerichtshof gewählt. Die Abgeordneten der Grünen haben ihm eine relative Mehrheit ermöglicht, indem sie sich in großer Zahl bei der Wahl ent­hielten. Man müsse eben, meinte Kretschmann dazu, mit der schwierigen Situation umgehen, dass die AfD in den Landtag gewählt worden sei.

Die Botschaft ist klar: eine Abgrenzung nach rechts soll es bitte nur geben, soweit dabei nicht die Normen des Parlamentsbetriebs verletzt werden müssen. So zumindest verteidigt die Fraktion der Grünen ihr Verhalten. Die AfD habe wie jede andere Landtagsfraktion das Recht, einen Kandidaten aufzustellen. Lehne man diesen ab, wäre die Folge eine »Nominierungs-Dauerschleife« gewesen, erklärte Uli Sckerl, der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, und das hätte »jedes Mal aufs Neue der AfD-Fraktion eine Plattform geboten und Ressourcen gebunden«. Stattdessen hat man also einen AfD-Kandidaten auf einen wichtigen Posten mit echter Entscheidungsmacht gewählt – um zu vermeiden, der AfD eine Plattform zu bieten, versteht sich.

Die FAZ zitierte freilich einen »einschlägigen Gesetzeskommentar«, dem zufolge ein solches Vorschlagsrecht überhaupt nicht besteht; es ist der AfD-Fraktion vielmehr aus Kulanz zugestanden worden. Tatsächlich hat die AfD seit 2016 schon zweimal Kandidaten für das gleiche Amt im baden-württembergischen Verfassungsgerichtshof vorgeschlagen – die ebenfalls gewählt worden sind. Bei Gärtner kommt jedoch hinzu, dass er ein Mitarbeiter der AfD-Fraktion ist.

Bei aller Kritik an den Grünen darf man allerdings nicht vergessen, dass andere Parteien eine noch direktere Verantwortung tragen. Denn der AfD-Kandidat erhielt 37 Ja-Stimmen; die AfD-Fraktion hat aber nur 17 Abgeordnete.