Österreich beschließt die Covid-19-Impfpflicht

Windelweiche Impfpflicht

Kommentar Von Bernhard Torsch

Österreich führt Geldbußen für Impfverweigerer ein. Ob diese wirklich belangt werden können, ist fraglich.

Bevor die österreichische Abgeordnetenkammer, der Nationalrat, am 20. Januar mit einer großen Mehrheit von 137 zu 33 Stimmen und mit 13 Enthaltungen für die Einführung der Impfpflicht gegen Covid-19 für Erwachsene votierte, tobte sich der Vorsitzende der rechten Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Herbert Kickl, verbal noch einmal richtig aus: Die bis 2024 befristete Impfpflicht sei ein »Attentat auf die Menschenwürde der österreichischen Bevölkerung«. Außerdem werde damit dem »Totalitarismus« der Weg bereitet sowie der »Gesundheitskommunismus« eingeführt. All das mache ihn »fassungslos«. Er werde sich jedenfalls weiterhin nicht impfen lassen, so Kickl. Sollte der Bundesrat, die zweite Parlamentskammer, in der die Bundesländer vertreten sind, am 3. Februar den Parlamentsbeschluss erwartungsgemäß absegnen und die Impfpflicht somit in Kraft treten, könnte Kickl eine dicke Brieftasche brauchen: Impfverweigerern über 18 Jahren drohen dann bis zu 3 600 Euro Strafe pro aufgedecktem Verstoß. Ausgenommen sind Schwangere und Personen, die Krankheiten haben, die eine Impfung verunmöglichen.

Ab Mitte März soll die Polizei bei jeder Amtshandlung auch den Impfstatus kontrollieren. Es ist freilich fraglich, ob Kickl und alle anderen Impfverweigerer sich allzu große Sorgen wegen allfälliger Strafzahlungen machen werden müssen, denn der Vorsitzende der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) in der Polizeigewerkschaft, Hermann Greylinger, hat die Maßnahmen bereits als »nutz- und sinnlos« kritisiert. Der Vorsitzende der FPÖ-Interessenvertretung Aktionsgemeinschaft Unabhängiger und Freiheitlicher (AUF) in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Werner Herbert, sah es, wenig überraschend, noch kritischer und stolperte sich durch die Formulierung, die Polizei werde mit der Kontrolle der Impfpflicht »für politische Zwecke zweckwidrig verwendet«.

Die beschlossene Impfpflicht sieht jedoch ausdrücklich keine Ersatzfreiheitsstrafe für Impfverweigerer vor, die ihre Geldbuße nicht bezahlen. Nicht gerade das, was im Totalitarismus, den die FPÖ halluziniert, üblich ist.

Der Parlamentssitzung am 20. Januar blieben mehrere Abgeordnete von SPÖ und Grünen fern, denn in diesen Parteien ist die Impfpflicht nicht völlig unumstritten. Der Landeshauptmann der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) im Burgenland, Hans Peter Doskozil, hatte sich zunächst dagegen, dann jedoch dafür ausgesprochen, und die ehemalige Vorsitzende der Grünen, Madeleine Petrovic, trat gar als Rednerin bei Demonstrationen gegen die Impfpflicht auf. Mehrere Abgeordnete der liberalen Partei Neos stimmten gegen das Gesetz.

Statt einen finanziellen Bonus für alle Impfwilligen einzuführen, einigte sich die Regierungskoalition aus Österreichischer Volkspartei (ÖVP) und Grünen mit der sozialdemokratischen Opposition auf eine »Impflotterie«. Jeder zehnte Geimpfte soll ab März einen Gutschein im Wert von 500 Euro gewinnen können. Gemeinden, die es auf eine Impfquote von über 80 Prozent bringen, sollen eine Prämie ausbezahlt bekommen. »Bis zu eine Milliarde Euro« könnten dafür ausgeschüttet werden, kündigte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) an. Eine Summe, über die Hoteliers, Nachtclubbetreiber, Skigebietsbesitzer sowie Großkonzerne nur müde lächeln werden. 42 Milliarden Euro hat die Regierung bislang an Wirtschaftshilfen im Zuge der Covid-19-Pandemie ausgezahlt oder bereits zugesagt. Wenig zu lachen haben Lohnabhängige. Eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, wie von der SPÖ gefordert, lehnte die Regierung ab.