Wo bleibt die Neutralität?

»Es muss gegen alle Extremismusformen gehen«

Die preisgekrönte Reportage Von Leo Fischer

Die linksextreme Innenministerin Nancy Faeser.

»Natürlich ist das keine Kampagne«, sagt Pit Nixdorf. Der 28jährige News-Aggregator macht gerade ein zweiwöchiges Volontariat im Bereich Pressearbeit der CDU Fulda. Er hat den Fall Nancy Faeser und die Debatte über ihren Text für das Magazin Antifa der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes auf Twitter live verfolgt, beziehungsweise mit meh­reren anonymen Siff-Accounts befeuert. »Was glauben Sie denn? Dass wir als Konservative nur darauf warten, dass ein rechtsradikales Blatt den völlig harmlosen Gastbeitrag der Innenministerin in dem Magazin skandalisiert, um das Ding dann mitsamt CDU-Statements innerhalb von zwei Stunden an die Bild-Zeitung weiterzureichen?« Der junge Mann versucht, einen verzweifelten Gesichtsausdruck vorzutäuschen. »Da unterstellen Sie uns böse Absichten, und diese Art Unterstellungen gehört für mich ebenfalls zu einem extremistischen Weltbild! Mit freundlichem Zwinkersmiley, Ihre CDU Fulda.«

Was steckt wirklich hinter den Extremismusvorwürfen gegen die SPD-Innenministerin? Sind es wirklich nur alte Rechtsextreme mit hervorragenden Netzwerken in den Sicherheitsbehörden, die jetzt Angst haben, dass eine SPD-Frau die Dinge zumindest ein bisschen anders handhaben könnte als bisher? Oder steckt mehr dahinter? »Es muss gegen alle Extremismusformen gehen«, sagt Ox Matte (Name so ähnlich), Bundespräsidentschaftskandidat der AfD mit CDU-Parteibuch. »Egal ob von links, ganz links, aus dem Linksislam oder von linksextremen Rechtsradikalen. Wenn wir nicht Brandmauern überall einziehen, wo bisher Türen und Fenster waren, dann können uns unsere europäischen Nachbarn tagsüber beim Masturbieren zusehen. Wer kann das ernsthaft wollen?«

So wie Matte sieht das auch der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hansadolf Maas: »Ich mache mir große Sorgen um unsere Demokratie, wenn eine Innenministerin sich plötzlich gegen Faschismus einsetzt. So hat es schon einmal angefangen in Deutschland! Sie muss in diesen Dingen Neutralität walten lassen.« Nancy Faeser hat indes die zahlreichen Solidaritätsbekundungen dankend entgegengenommen. »Ist doch schön, wenn die SPD endlich mal wieder wegen irgendwas in Schutz genommen wird«, lässt sie verlauten. »Verknacken werden wir die ganzen Linksabweichler dann später!«

 

Aus der Urteilsbegründung: Leo Fischers preisgekrönte ­Reportagen sind in hohem Maße fiktiv. Ähnlichkeiten mit realen Personen und Geschehnissen sind unbeabsichtigt.