Nach einer angekündigten Koran-Verbrennung kam es in Schweden zu Krawallen

Erfolgreiche Provokationen

Nach einer von dem dänischen Rechtsextremisten Rasmus Paludan angekündigten Koran-Verbrennung kam es in Schweden zu Ausschreitungen. Paludans Partei will im September bei der schwedischen Parlamentswahl antreten.

Eigentlich hätte sich der dänische Rechtsextremist Rasmus Paludan wegen eines im August 2020 verhängten zweijährigen Einreiseverbots nicht in Schweden aufhalten dürfen. Der Gründer der dänischen Kleinstpartei Stram Kurs hält jedoch bereits seit Mitte März Kundgebungen im Land ab, die seit dem Wochenende zu Ausschreitungen unter anderem in Malmö, Linköping und Norrköping führten.

Kurz nach Verhängung des Einreiseverbots hatte Paludan sich um die schwedische Staatsbürgerschaft beworben und sie automatisch erhalten, denn sein Vater ist Schwede. Damit konter­kariert der rechtsextreme Provokateur übrigens das Programm der von ihm 2017 gegründeten Partei, das zunächst auf zwei Forderungen beschränkt war, nämlich die Ausweisung aller Muslime und ein Verbot doppelter Staatsbürgerschaften. Mittlerweile wurden diese spärlichen Prinzipien um länglich ausformulierte weitere Punkte erweitert. Zum Thema Klimapolitik heißt es, das kleine Dänemark könne kaum etwas an der globalen Erwärmung ändern, deren wesentliche Ursache die Überbevölkerung sei, weswegen »in Entwicklungsländern kostenlose Verhütungsmittel« bereitgestellt werden müssten. Zugleich fordert Stram Kurs, in dänischen Städten sollten bis 2030 nur noch umweltfreundliche Fahrzeuge zugelassen und LKW generell verboten werden.

Paludans Veranstaltungen folgen meist demselben Muster: Zunächst kündigt er eine öffentliche Koran-Verbrennung an. Wenn die Reaktionen auf diese geplante Provokation nicht zu ­seiner Zufriedenheit ausfallen, fügt er hinzu, dass er den Koran zuvor in Schweinespeck einwickeln werde, damit er besser brennt. Wird die Veranstaltung nicht verboten, findet tatsächlich eine Koran-Verbrennung statt, während er wüste Tiraden gegen Muslime in ein Megaphon ruft.

Die Stimmung auf der Gegen­demonstration sei »überraschend gut« gewesen, sagte der Journalist Søren Juhler. Das habe sich geändert, als ein Autofahrer bewusst gegen einen der aufgestellten Zäune fuhr.

Der dänische Journalist Søren Juhler dokumentiert für den Sender TV2 schon seit Jahren Paludans Treiben. Am Wochenende war er auf dem Malmöer Autobahnrastplatz Skånegården, auf den eine in Landskrona verbotene Veranstaltung verlegt worden war. Die Stimmung auf der Gegendemonstration sei »überraschend gut« gewesen, sagte er in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehsender SVT; unter denjenigen, die gegen Paludan protestierten, seien »viele Frauen und Kinder« gewesen. Dialogpolisen, das Deeskalationsteam der Polizei, habe gute Arbeit geleistet, betonte Juhler.

Die Stimmung habe sich in dem Moment geändert, als ein Autofahrer bewusst gegen einen der aufgestellten Zäune fuhr. Offiziell wurde dies als Mordversuch eingestuft, die Polizei versuchte daraufhin, die Menge zu deren eigenem Schutz zu zerstreuen. »Einige begannen, Steine zu werfen«, schilderte Juhler den Beginn der Auseinandersetzungen, in deren Verlauf sein Kameramann gezielt von einem Auto angefahren und er selbst von ­einem Stein am Auge getroffen wurde: »Und damit endete die Geschichte, die bis zu diesem Moment davon handelte, dass Rasmus Paludan nach Malmö kam, ohne es zu schaffen, Chaos auszulösen.«

Es folgten weitere Ausschreitungen im Malmöer Stadtteil Rosengård, wo rund 100 gewaltbereite Personen in der Nacht zum Montag unter anderem eine Schule in Brand steckten und versuchten, eine Tankstelle anzuzünden. Zudem war ein Molotow-Cocktail in einen fahrenden Linienbus geworfen worden. Der Bus brannte aus, Fahrer und Passagiere blieben unverletzt.
Während die tagelangen Ausschreitungen in deutschen Medien gern samt und sonders empörten Muslimen zugeschrieben werden, zeichnet die schwedische Polizei ein differenzierteres Bild. »Es gibt viele Ursachen«, sagte Patric Fors, der Sprecher der Direktion Süd, gegenüber Sveriges Radio. »Manche Leute sind empört, weil die Veranstaltung nicht verboten wurde, andere, vor allem Junge, mögen die Polizei aus anderen Gründen nicht, und dazu kommen Kriminelle, die die Situation ausnutzen.« Die Stimmung sei zudem gezielt durch Postings mit Lügengeschichten in sozialen Medien angeheizt worden. Deren Autoren seien »im Ausland ansässig«, weitere Einzelheiten nannte Fors nicht.

Rasmus Paludan hat seine Tour mit Koran-Verbrennungen durch Südschweden mittlerweile abgebrochen und ist nach Kopenhagen zurückgekehrt. Mit dem Resultat seiner Veranstaltungen, die regelmäßig mehr ­Gegner als Unterstützer anziehen, dürfte er zufrieden sein. Und auch die schwedische Rechte freut sich über die Bilder der Ausschreitungen und die Schlagzeilen. Jimmie Åkesson, der Vorsitzende der rechtspopulistischen Sverigedemokraterna (SD), twitterte umgehend, die Ausschreitungen sei­en das Resultat der »schlappen und naiven« schwedischen Politik. Ob SD bei der für den 11. September geplanten Parlamentswahl wirklich politisches ­Kapital aus Paludans Provokationen schlagen kann, ist unklar. Nachdem ­Stram Kurs seit 2017 bei keiner Wahl in Dänemark Erfolg hatte, will die Partei mit ihrem Spitzenkandidaten Paludan in diesem Jahr in Schweden antreten.