»Time Skiffs« von Animal Collective

Alles nebeneinander

Platte Buch Von Erik Hanzlicek

<p>Wie kann eine Band, die immer auf das gemeinsame Zusammenspiel angewiesen war, während der pandemiebedingten Isolation funktionieren?</p>

Wie kann eine Band, die immer auf das gemeinsame Zusammenspiel angewiesen war, während der pandemiebedingten Isolation funktionieren? Animal Collective mussten den Versuch für »Time Skiffs«, ihr erstes Langspielalbum seit sechs Jahren, wagen. Noah Lennox (Panda Bear), David Portner (Avey Tare), Brian Weitz (Geologist) und Josh Dibb (Deakin) waren, weil sie verstreut über die USA und Europa leben, dazu gezwungen, den Aufnahmeprozess des Albums jeweils für sich allein zu meistern und über digitale Kommunikations- und Produktionsmittel zu gestalten.

Das Auseinanderklaffen von Ort und Zeit hört man den Songs auf »Time Skiffs« durchaus an – und dies leider häufig zu deren Nachteil. Die Soundspuren klingen seltsam von­einander entkoppelt, das fesselnde, fließende Ineinander von Klängen, Stimmen und Songs, das Animal Collective wie kaum andere im (Neo-)Psychedelic beziehungsweise Experimental Pop der vergangenen 20 Jahre ­beherrschten, mag hier nicht so recht gelingen. Und so, wie die ungewöhnlichen Aufnahmebedingungen nicht überzeugend gemeistert wurden, gelang es auch nicht, die beiden seltenen In­strumente Taishōgoto (eine japanische Kastenzither) und Drehleier so zu benutzen, dass sie nicht – wie meist auf dem Album – unangenehm karikaturhaft-karnevalesk, ja fast exotisierend klingen.

Sicherlich könnte man nun einwenden, dass hier genau die angemessene musikalische Form für den Umstand des isolierten Musizierens gefunden worden sei. Aber nichts hebt den Eindruck auf, dass Animal Collective sich auf »Time Skiffs« von der Situation und der Technologie haben überwältigen lassen und keine starke Formsprache finden konnten. Alles auf diesem Album steht nebeneinander wie die in »Cherokee« besungenen Menschen in der U-Bahn: »There’ll be lots of lonely mailboxes / When language disappears / And people on the subway / Think so far and be so near / I smile from a screen you touch.«

Animal Collective: Time Skiffs (Domino)