Der Kolumnist testet belegte Brötchen

Ein halber Liter Mayonnaise

Perfekten Genuss erleben Von Leo Fischer

Schluss mit schlecht belegten Brötchen!

Das Bäckerhandwerk ist in der Krise. Immer mehr kleine Bäckereien schließen, immer mehr Monopolisten wandeln die klassischen Filialen in eine blanke Aufbackstation um. Fast nichts bleibt mehr übrig von der Romantik des Berufs, vom ehrlichen Männerschweiß, der dem Teig erst die nötige Würze gab, von grob geschrotetem Korn und spontanen Mehlexplosionen. Es ist bitter: Immer weniger junge Menschen haben Verständnis dafür, um zwei Uhr morgens in eine 50 Grad heiße Höllenlandschaft aus Getreidestaub und spontanen Verbrennungen einzutreten, dort zehn Stunden lang Zimtwuppis und Weltmeisterkörnis zu kneten, um dann mit einem Bruchteil des Lohns nach Hause zu gehen, den sie in der gleichen Zeit mit Instagram-Postings hätten verdienen können.

Aber auch die Kundinnen und Kunden laufen dem Handwerk davon, oder zumindest ich. Ich sage ganz offen: Ich kann und will nicht mehr derart schlecht belegte Brötchen essen, ich mache da einfach nicht mehr mit! Fast jede Bäckerei ist dazu übergegangen, Brötchen vor allem unter Präsentationsgesichtspunkten zu belegen. In der Auslage sehen die Sandwiches so aus, als würden sie von herrlichen Belägen nur so überquellen; nimmt man sie dann in die Hand, fällt die Hälfte raus und in den Schmutz. Der Trick: Die Brötchen sind gar nicht richtig halbiert, sondern nur eingeritzt; in diese Ritze werden dann neben einem halben Liter Mayonnaise auch Aufschnitt, Tomaten und Dekosalat hineingequetscht. Durch den herzhaften Biss ins Brötchen ändert sich die Oberflächenspannung der Semmel, wodurch dann alles in den Spalt Geklemmte wieder rausfällt. Ist doch klar!

Ich selbst habe so den Inhalt kompletter Mozarella-Sandwiches an Tauben und Ratten verloren. Übrig bleibt das Teigprodukt und die scheußliche Mayonnaise, die jetzt auch wirklich überall anstelle ordentlicher Butter oder Margarine Verwendung findet. Ich rufe den Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e.V. auf: Stoppen Sie dieses schändliche Treiben! Ein Handwerk, dessen Produkt zur Hälfte auf dem Boden landet, muss sich nicht wundern, wenn es selbst bald am Boden liegt!


An dieser Stelle schreibt Leo ­Fischer über seine persönlichen Erfahrungen in der Welt des ­Konsums. Seine Erlebnisse und Meinungsäußerungen erheben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit.