Der Kolumnist hat für jede Gelegenheit die passende Floskel

Universalkommentar

Kommentar Von Oliver Schott

Das letzte Wort. Ein Meinungsbeitrag, wie ihn jede gute Zeitung in der Schublade haben sollte.

Jetzt ist eingetreten, wovor schon lange gewarnt worden war. Es war eine Überraschung, mit der wohl niemand gerechnet hatte. Eine Menge wurde dazu schon gesagt, aber vor einfachen Erklärungen muss man sich hüten, denn sie zeichnen ein unterkomplexes Bild der Lage. Die ­Realität sieht jedoch ganz anders aus. Eine genauere Analyse zeigt: Die Entwicklungen sind teilweise widersprüchlich, zudem erweisen sich die zugrundeliegenden Faktoren bei näherem Hinsehen als kompliziert. Das hat gesellschaftliche Ursachen, die von ganz unterschiedlichen ­Traditionen geprägt sind. Entstanden ist daraus ein sehr komplexes so­ziales Gebilde. Ein undifferenzierter Blick auf die Zusammenhänge produziert deshalb auch Missverständnisse.

Warum das so ist, hat jeweils spezifische Gründe. Fakt ist jedenfalls: Reiner Zufall scheint das alles nicht zu sein, vielmehr liegt das Problem tiefer. Um das zu erkennen, muss man das Gesamtbild betrachten. Nimmt man die strukturelle Dimension des Themas in den Blick, dann zeigen sich mehrere Elemente, die von verschiedenen Aspekten durchzogen sind und auseinanderge­halten werden, aber auch in ihrem Wechselspiel begriffen werden ­müssen.

In der Linken herrscht indes Rat­losigkeit. Darüber, dass es ein grundsätzliches gesellschaftliches Um­denken auf verschiedenen Ebenen braucht, herrscht weitgehend Einigkeit. Doch diese erweist sich als trügerisch, denn was das bedeutet, ­darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Die Probleme von Grund auf anzugehen, ist längst überfällig, denn schon bald könnte es zu spät sein. In der Praxis ist das aber gar nicht so einfach. Es führt kein Weg daran vorbei, alte Gewissheiten auf den Prüfstand zu stellen. Ein Pauschalrezept wird es sicher nicht geben, aber die Diversität der An­sätze kann sich als Stärke erweisen, wenn es gelingt, die verschiedenen Kämpfe zusammenzuführen. Einstweilen stehen dem aber nicht nur widersprüchliche Interessen, sondern auch Fraktionskämpfe und persön­liche Eitelkeiten entgegen. Diesen gordischen Knoten zu lösen, ist ein Drahtseilakt, der ein Stück weit der Quadratur des Kreises gleicht.

Welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, darüber kann man verschiedener Ansicht sein. Ob es dabei bleiben wird, muss sich erst noch zeigen. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, denn die wahren Herausforderungen stehen erst noch bevor. Verschiedene Szenarien sind vorstellbar. Doch eines ist schon jetzt klar: Ob diese Fragen jemals end­gültig beantwortet werden, ist zweifelhaft.