Berliner Linke solidarisieren sich mit antisemitischen Terrorgruppen

Hausbesetzer zeigen Flagge

Kommentar Von Alex Gruber

Ein linkes Hausprojekt in Berlin lud zu einer Veranstaltung mit einer Gruppe ein, die als Vorfeldorganisation der Volksfront für die Befreiung Palästinas gilt (PFLP). Zudem hängt ein Transparent an der Häuserfassade, auf dem sie ihre Solidarität zu einer Brigade bekunden, die vom Islamischen Jihad (PIJ) initiiert wurde.

Manch einer mag gehofft haben, die Kritik am linken Israelhass, wie sie in den Neunzigern unter dem Begriff »antideutsch« in einem breiteren Umfang einsetzte, habe dazu geführt, dass zumindest allzu eindeutige Formen des »ehrbaren Antisemitismus« – wie Jean Améry den linken Hass auf die Juden und ihren Staat bereits 1969 polemisch bezeichnet hatte – nicht mehr ungehemmt in der Öffentlichkeit artikuliert werden können. Diese Hoffnung hat sich als vergeblich herausgestellt. Es scheint, dass im Zuge der postkolonialen Holocaust-Relativierung und des etwa von der »Initiative GG 5.3 Weltoffenheit« geführten linksliberalen Angriffs auf den Anti-BDS-Beschluss des Bundestags der Weg zur unverblümten Israel-Feindschaft auch in der radikalen Linken wieder freigeräumt wurde.

Sei es bei der Gedenkkundgebung für die rassistischen Morde von Hanau, bei der die Migrantifa Berlin mit Slogans wie »Von Hanau bis nach Gaza – Yallah Intifada!« zur Demonstration aufrief, auf der dann folgerichtig »Free Palestine« gefordert und »Zionismus ist Rassismus« skandiert wurde. Oder sei es in Berlin-Friedrichshain, wo das autonome Wohnprojekt Rigaer 94 am 16. Februar zu einem Vortrag über den »Israel-Palästina-Konflikt und Zionismus« mit der Gruppe Samidoun lud, und wo seitdem auch ein Transparent mit der Aufschrift »Solidarity with the resisting Jenin Brigades and the Palestinian people« die Fassade ziert.

Samidoun wird in Israel als Terrorgruppe eingestuft, weil sie als Vorfeldorganisation der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) fungiert. Die PFLP erlangte in den Siebzigern durch Flugzeugentführungen internationale Bekanntheit. Die EU und die USA stufen die PFLP als terroristisch ein.

Die Gruppe Samidoun, deren offizielles Ziel es ist, palästinensische Gefangene in ihrem Kampf um Freilassung aus israelischen Gefängnissen zu unterstützen, wurde 2012 von PFLP-Mitgliedern gegründet und gehört zu deren Auslandsnetzwerk. Koordiniert wird die Gruppe von Khaled Barakat. Der Welt zufolge bezeichnet ihn die PFLP als »Anführer«, der Fatah zufolge gehört er dem Zentralkomitee der PFLP an und leitet deren Abteilung für Auslandsoperationen. Auch der deutsche Samidoun-Ableger macht keinen Hehl dar­aus, worin sein Ziel besteht und in wessen Namen er dabei agiert. So marschieren dessen Mitglieder – zum Beispiel auf der jährlichen Liebknecht-Luxemburg-Demonstration – unter dem Konterfei des PFLP-Generalsekretärs Ahmad Sa’adat und beteiligten sich auch an der Mitte Januar stattfindenden »Internationalen Aktionswoche zur Befreiung« eben jenes Sa’adat, der wegen seiner Verantwortung für die Ermordung des israelischen Tourismusministers Rehavam Ze’evi im Zuge der »Zweiten Intifada« im Oktober 2001 eine dreißigjährige Gefängnisstrafe verbüßt.

Während also die Vorfeldorganisation einer palästinensischen Terrorgruppe dem geschätzten Publikum der Rigaer 94 der Ankündigung zufolge einen Einstieg in ein »sehr konfliktreiches Thema« bieten sollte, dem sie sich »aus freiheitlicher und revolutionärer Perspektive nähern wollen«, hielten es Bewohner des Hauses für eine wohl ebenso »revolutionäre« Tat, einer anderen antisemitischen Mörderbande mit einem weithin sichtbaren Transparent ihre Solidarität zu versichern: Die Jenin-Brigaden sind eine der seit 2021 unter der Federführung des Islamischen Jihad (PIJ) mittels iranischer Finanzierung im Westjordanland – vor allem in und um Jenin und Nablus – entstandene Terrorgruppen, mit denen der PIJ und die Hamas der Palästinensischen Autonomiebehörde das Wasser abgraben und stärker in der Westbank Fuß fassen wollen.

Die bekannteste dieser Brigaden ist die »Höhle der Löwen«). Seit deren Etablierung haben sich die Terrorangriffe in Israel und der Westbank mehr als verdreifacht, wobei sich die Jenin-Brigaden mit einem besonders barbarischen Akt hervortaten. Sie stürmten am 23. November das Krankenhaus von Jenin, um den bei einem Autounfall schwer verletzten drusischen Israeli Tiran Fero zu entführen. Vor den Augen seiner Familie schlossen die Brigademitglieder den 17jährigen unter Anwendung von Waffengewalt von den lebenserhaltenden Geräten ab und verschleppten ihn, um seine Leiche gegen palästinensische Terroristen auszutauschen.

Das ist es, was Teile der deutschen Linken nun als der Solidarität würdigen Widerstand feiern: offene Kumpanei mit dem antisemitischen Terror, wie man sie kürzlich noch für der Vergangenheit angehörig gehalten hat. Der australische Genozidforscher Dirk Moses wettert gegen angebliche »priesterliche Zensoren« und deren Exorzierung von sogenannter Israelkritik. Es scheint, als ob Teile der radikalen Linken ihm dahingehend recht geben wollen, dass auch sie genug haben von der empfundenen Gängelung durch antisemitismuskritische »Hohepriester« – und sich wieder alles erlauben möchten.