Buchi Emechetas Roman »Second-Class Citizen« (1974) liegt jetzt auf Deutsch vor

Vor der Unabhängigkeit

Platte Buch Von Gabriele Haefs

Die Bücher Buchi Emechetas sind Klassiker des schwarzen Feminismus. Nun ist ihr autobiographischer Roman »Second-Class Citizen« auf Deutsch erschienen. Es ist ein wichtiges, spannendes Buch.

Die Bücher der nigerianischen Autorin Buchi Emecheta (1944–2017) sind Klassiker des schwarzen Feminismus. Manche ihrer Romane wurde schon früh ins Deutsche übersetzt. Mit einiger Verspätung erscheint jetzt auch ihr 1974 veröffentlichter autobiographischer Roman »Second-Class Citizen« auf Deutsch. Es geht darin um die junge Adah, die gegen alle Widrigkeiten den Traum verfolgt, Schriftstellerin zu werden und ein unabhängiges Leben zu führen.

Adah möchte studieren, aber dafür muss sie erst mal dem Onkel entkommen, der sie nach dem Tod des Vaters aufgenommen hat und wie eine Dienstmagd behandelt. Auch ihr Ehemann Francis lässt sich gern ­bedienen. Adah geht arbeiten, kümmert sich um die Kinder und kann dem Gatten ein Leben in Müßiggang finanzieren.

Während das Original von 1974 die krasse Sprache der englischen Klassengesellschaft der frühen sechziger Jahre wiedergibt, hält sich die Übersetzung an die Vorgaben politisch korrekter Sprache von heute.

Als Francis zum Studium nach London geht, folgt sie ihm. Dort arbeitet sie als Bibliothekarin und nutzt die Morgenstunden, um zu schreiben. Francis fällt durch alle Prüfungen, schlägt sie, geht fremd, sorgt für immer neue Schwangerschaften und bleibt, wie Adah beklagt, »ein afrikanischer Mann«. Doch Adah macht sich klar, dass sie ein ­eigenes Leben hat und Ansprüche stellen muss.

Manche Beschreibung erscheint ein bisschen oberflächlich. So liest die Protagonistin zeitgenössische Literatur, »was für sie in kultureller Hinsicht sehr wertvoll war«, aber eigentlich gar nichts sagt. Während das Original von 1974 die krasse Sprache der englischen Klassengesellschaft der frühen sechziger Jahre wiedergibt, hält sich die Übersetzung an die Vorgaben politisch korrekter Sprache von heute. Das wirkt zu­weilen komisch, etwa wenn Adah erklärt, Jesus sei eine »Person of ­Colour« gewesen.

Aber das ändert nichts daran, dass »Second-Class ­Citizen« ein wichtiges, spannendes Buch ist, ein mitreißendes Zeit­gemälde der frühen sechziger Jahre in London und in Lagos am Vorabend der Unabhängigkeit Nigerias.

 

Cover von Buchi Emechetas Roman »Second-Class Citizen«

Buchi Emecheta: Second-Class Citizen. Aus dem Englischen von Marion Kraft. Blumenbar, Berlin, 285 Seiten, 23 Euro