Die rechtsextreme Kleinstpartei »Der III. Weg« verzichtete am 1. Mai auf eine ­Demonstration

Weg von der Straße

In Ostdeutschland tritt »Der III. Weg« mancherorts in die Fußstapfen der NPD und anderer Nazi-Gruppen. Dieses Jahr veranstaltete die ­Nazi-Kleinstpartei keine Demonstration zum 1. Mai, sondern einen »Tag der offenen Tür«.

Dieses Jahr gab es keinen martialischen Auftritt einiger Hundert uniformierter Nazis, aufgestellt in Reih und Glied, mit einheitlichen Fahnen und geordnetem Trommelzug am 1. Mai. Die Neonazi-Kleinstpartei Der »III. Weg« hielt keine Maidemonstration ab, wie sie es in den vergangenen Jahren regelmäßig getan hatte. Stattdessen lud sie in ihre Parteibüros, die sie selbst als »Leuchttürme der Bewegung« bezeichnet, und veranstaltete dort einen »Tag der offenen Tür«.

Weil der letztjährige Auftritt am 1. Mai dem Außenbild der Partei eher schadete, kann der diesjährige Rück­zug in die eigenen Büros als Eingeständnis der Niederlage gewertet werden. Vergangenes Jahr waren rund 250 Kameraden dem Aufruf ins sächsische Zwickau gefolgt. Bei der Anreise griffen einige von ihnen in Chemnitz und Glauchau Antifaschisten an. Mehrere Dutzend Neonazis aus Brandenburg und Sachsen landeten deshalb statt auf der Demonstration im Polizeigewahrsam (»Besinnung auf die Kernkompetenz«, Jungle World 19/2022).

Dieses Jahr blieben die Nazis lieber unter sich. Im sächsischen Plauen, thüringischen Ohrdruf, nordrhein-westfälischen Hilchenbach sowie im unterfränkischen Schweinfurt luden sie »die Landsleute« ein, vorbeizuschauen. Anstatt »zentral unseren gerechten Zorn und unsere Wut auf die Straße« zu tragen, habe man sich entschieden, »überall dort«, wo man bereits »politisch wirkt«, die eigene »Arbeit vorzustellen«. Denn die »notwendige Revolution in unserer Heimat beginnt nicht an einem Tag in einer Stadt, sondern täglich an vielen Orten und in vielen Köpfen«, so die Verlautbarung auf der Website der Partei.

Ein Publikumsmagnet waren die Veranstaltungen in den vier Stützpunkten der Partei wahrlich nicht. Auf den veröffentlichten Fotos trugen die meisten Teilnehmer Kleidung mit dem Logo der Partei. Die Veranstaltungen dienten wohl eher der Festigung des parteiinternen Zusammenhaltes.

Neben den Reden von Tony Gentsch in Plauen – Gentsch sitzt dort im Stadtrat –, des Parteivorsitzenden Matthias Fischer in Ohrdruf, des stellvertretenden Parteivorsitzenden Klaus Armstroff in Hilchenbach und der Vorsitzenden des Landesverbands Bayern, ­Jasmine Eisenhardt, in Schweinfurt gab es musikalische Darbietungen. In Schweinfurt beendete sogar eine Agitprop-Aufführung den Tag. In dem Theaterstück wurde der »Monolog des gierigen Kapitalisten« – dargestellt von einem Mann mit Monokel und Zylinder – durch »den Sturm nationalrevolutionärer Aktivisten beendet«, wodurch letztlich »der geknechtete Arbeiter befreit« wurde, wie es auf der Website der Partei heißt.

In Brandenburg sollen Aktivisten des III. Wegs eigenen Angaben zufolge Flugblätter unter dem Motto »Die wahre Krise ist das System!« verteilt haben. Die Partei hatte nach ihrer Gründung im Jahr 2013 ihren Schwerpunkt zunächst in Süddeutschland. Doch seit einiger Zeit ist sie auch vermehrt in Ostdeutschland aktiv. Erst im April dieses Jahres hatte die Partei die Gründung eines Brandenburger Landesverbandes verkündet. Als Landesvorsitzender wurde Matthias ­Fischer gewählt, sein Stellvertreter ist Lutz Meyer.

Meyer war früher im Umfeld des 2006 verbotenem Vereins Schutzbund Deutschland aktiv gewesen. Der Verein gilt als Tarnorganisation der zuvor verbotenen Bewegung Neue Ordnung, die wiederum eine Abspaltung der NPD war. Meyer ist nicht der einzige altbekannte Nazi, der es nun mit dem III. Weg versucht. Ein weiterer ist Mario Schulz. Er war Mitgründer des Schutzbundes und zuvor Vorsitzender des Landesverbandes Brandenburg der NPD. Schulz ist Mitglied beim III. Weg und trat im Mai vergangenen Jahres mit Unterstützung der Partei als Einzelkandidat für die Landratswahl im Brandenburger Landkreis Prignitz an – und das sogar mit einigem Erfolg. Mit 8,2 Prozent der Wählerstimmen landete er knapp hinter dem AfD-Kandidaten auf dem dritten Platz – vor dem Kandidaten von Bündnis 90/Die Grünen. In seinem Wohnsitz, dem Dorf Lanz mit weniger als 1 000 Einwohnern, konnte Schulz sogar mehr als 40 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen.

Die Partei kündigte in einer Erklärung an, dass man für die Kommunalwahlen 2024 in Brandenburg »die Weichen für einen möglichen Wahlantritt in einigen Regionen stellen« will. Der Brandenburger Verfassungsschutz verzeichnete im vergangenen Jahr ­einen leichten Zuwachs der Mitgliederzahl von 45 auf 60 Personen. Dies resultiere »aus dem Umstand, dass Anhänger von NPD und JN zur Partei übergetreten sind« – die Jungen Nationaldemokraten (JN) sind die Jugend­organisation der NPD.

»Dass ›Der III. Weg‹ in diesem Jahr keine überregionale Aktion zum 1. Mai veranstaltete«, ist Martina Renner, ­einer Bundestagsabgeordneten der Linkspartei, »kein Zeichen der Entwarnung«. »Seit längerem schon wirbt die extrem rechte Partei durch Drills, Kampf­sporttrainings und Freizeitan­gebote für Jugendliche und junge Erwachsene erfolgreich um Mitglieder«, sagte Renner der Jungle World. Dabei zeigten sich offensichtliche Parallelen zu den Aktivitäten der mittlerweile verbotenen Organisationen wie der Heimattreuen Deutschen Jugend und der Wiking-Jugend.

Die Ausbreitung der rechtsextremen Partei zeigt sich auch daran, dass sie neue »Stützpunkte« etabliert – so nennt sie ihre lokalen Ableger. In den vergangenen zwei Monaten verkündete man die Gründung solcher regionalen Verbände in Hessen und Mecklenburg-Vorpommern. Laut dem Beratungsverein für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern, Lobbi, »gab es schon länger einzelne Aktivitäten des III. Weges in Mecklenburg-Vorpommern, vor allem in Ostvorpommern«. In dem neu gegrün­deten Landesverband organisierten sich Neonazis, »die zuvor den ›Nationalen Sozialisten Rostock‹ beziehungsweise bis zum Verbot dem sogenannten ›­Aktionsblog‹ zugeordnet werden konnten«.

Die Strukturen der NPD im nordöstlichen Bundesland dagegen wurden »von der organisierten Neonazi-Szene mehr oder weniger aufgegeben«, sagt der Pressesprecher von Lobbi, Robert Schiedewitz, im Gespräch mit der ­Jungle World. Was nicht bedeute, »dass die dahinterstehenden Strukturen, die auch vorher in Form von Kameradschaftszusammenhängen existierten«, nicht nach wie vor aktiv seien. Dass die Neonazis aus Rostock ausgerechnet eine Partei als Organisationsform gewählt haben, liegt aus Sicht von Schiedewitz »sicher auch an der Verbotsresistenz, die das mit sich bringt«.